Wie ticken Azubis heute? – Interview mit Wolfgang Goebel, Personalvorstand von McDonald’s – Teil 1
Bereits im September hatte McDonald’s Personalvorstand Wolfgang Goebel in einem Beitrag auf seinem Employer Branding Blog die neueste Ausbildungsstudie 2013 vorgestellt. Der Titel der Studie “Azubis zwischen Couch und Karriere” bringt es schnell auf den Punkt. Pragmatisch glücklich scheinen die jungen Leute von heute zu sein. Viele haben sich der Studie schon angenommen, so zu lesen im Presseportal, auf welt.de, auf Christoph Fellingers Recruiting Generation Y, haufe.de, bei Henrik Zaborowski, Horizont und und viele mehr. Daher fand ich es an der Zeit einen der Initiatoren doch direkt einmal zu befragen. Und ich freue mich erneut Wolfgang Goebel, zum zweiten Mal nach dem ersten Kurzinterview zum Start seines Blogs, für ein sehr ausführliches Interview gewinnen zu können. Da das Interview so facettenreich geworden ist, habe ich es in zwei Teile aufteilen müssen. So können Sie sich schon heute auf den zweiten Teil des Interviews in der kommenden Woche freuen. Vielen Dank an dieser Stelle noch einmal an Herrn Goebel für die Geduld und die aufschlussreichen Antworten zu den “vielen” Fragen.
Herr Goebel, in Ihrem Artikel zur McDonald’s Ausbildungsstudie gehen Sie direkt in der Headline auf den Kernpunkt ein. Wie ticken denn nun die Azubis von heute so?
Grundsätzlich waren wir überrascht, wie optimistisch unsere Jugend in die eigene berufliche Zukunft schaut. 71% unserer Befragten blicken positiv in die Zukunft, während viele Jugendliche in ganz Europa angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Situation zittern müssen. Zudem sind die jungen Menschen stark auf die Meinung ihrer Eltern fokussiert. Es gibt keinen Generationenkonflikt, im Gegenteil, Eltern sind wichtige und wertvolle Ratgeber. Dieses Wissen ist gerade aus Recruiting-Sicht unbezahlbar und unsere Aufgabe ist es nun, zu überlegen, wie wir selbst von den Erkenntnissen profitieren können.
In den Jahren von 1995 bis 2005 lag im Ausbildungssektor die Nachfrage über dem Angebot an Ausbildungsplätzen. Man sprach von einer Krise im Ausbildungsmarkt. Sie schreiben, dass Sie bei McDonald’s heute bereits ein Viertel der Ausbildungsplätze nicht besetzen können. Haben wir daher denn heute schon wieder eine Krise im Ausbildungsmarkt, nur halt mit umgedrehten Vorzeichen? Und wenn ja, wie reagieren Sie von McDonald’s darauf?
Von Krise würde ich nicht sprechen. Wir sehen die Herausforderung, , das Ungleichgewicht auf unserem Ausbildungsmarkt in den Griff zu bekommen. Im aktuellen Lehrjahr stehen laut Bundesagentur für Arbeit 146.000 offenen Lehrstellen rund 200.000 Bewerber gegenüber. Es gibt also viele potentielle Auszubildende, aber aus bestimmten Gründen finden beide Seiten nicht unbedingt zueinander. Da müssen alle beteiligten Seiten an sich arbeiten, um diese Situation zu entspannen. Wir haben uns darauf eingestellt, u.a. indem wir unser Ausbildungsangebot erweitert haben: Seit 2007 bieten wir für jeden Schulabschluss die passende Ausbildung an. Damit erreichen wir nahezu das ganze Spektrum der Jugendlichen.
Aus dem Ausbildungsmarkt gibt es immer wieder zu hören, dass die jungen Menschen noch nicht „ausbildungsreif“ seien. Hierbei werden von den Unternehmen die sozialen Fertigkeiten wie Selbstorganisation, Selbständigkeit, Sorgfalt, Umgangsformen und Verantwortungsbewusstsein vermisst. Nehmen Sie dies in der Praxis auch so war?
Auch wir stellen fest, dass einige Werte oder Grundtugenden heute im Elternhaus oder in der Schule nicht mehr selbstverständlich vermittelt werden, wie z.B. Höflichkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit. Aber genau diese Werte fordern wir von unseren Mitarbeitern. Deshalb liegt es auch an uns, diese den Jugendlichen zu vermitteln.
Ich würde dagegen auch behaupten, dass viele Unternehmen heute den Anforderungen der jungen Generation nicht mehr gerecht werden. Sind daher nicht auch die Unternehmen nicht mehr „ausbildungsreif“? Und was gilt es wenn dagegen zukünftig zu „unternehmen“?
Unternehmen müssen umdenken, um sich für den Arbeitsmarkt der Zukunft zu rüsten. Qualifizierte Auszubildende sind rar und stellen besonders hohe Anforderungen in Sachen Flexibilität an Arbeitgeber. Hier muss die Wirtschaft Antworten finden und gewohnte Denkmuster und Erwartungshaltungen an Jugendliche überdenken. Gleichzeitig müssen Arbeitgeber ihr Aus- und Weiterbildungsangebot ausbauen und dürfen sich nicht scheuen, selbst in Mitarbeiter zu investieren, um sie zu zukünftigen Fach-/Führungskräften auszubilden. Das gilt natürlich insbesondere für Arbeitgeber wie uns, die einen Großteil an nicht-akademischen Arbeitskräften beschäftigen. Und nicht zuletzt müssen wir dem Wunsch nach Sicherheit Sorge tragen und langfristige Perspektiven bieten.
Die Ausbildungsstudie hat gezeigt, dass junge Menschen ihre Zukunft optimistisch, pragmatisch und mit großem Vertrauen in die eigene Leistung planen. Wie kann ein Unternehmen wie McDonald’s diesen Zukunftsoptimismus der jungen Generation aufnehmen und für sich als Arbeitgeber sinnvoll nutzen?
Dieser Optimismus steht auch für das neue Selbstbewusstsein der heutigen Azubi-Generation. Für uns als Arbeitgeber bedeutet das, wir müssen noch stärker kommunizieren, welche Zukunftsperspektiven und Aufstiegschancen den Berufseinsteiger bei uns erwarten. Stichwort Übernahmequote: Mit einer Quote von fast 80% Auszubildenden, die nach der Ausbildung bei uns bleiben, können wir bei Schulabgängern punkten. Gleichzeitig setzen wir auf weitere Faktoren, die den Jugendlichen heute am Arbeitsplatz wichtig sind, z.B. nette Kollegen. Hier können wir unsere Stärken ausspielen.
Bei der Frage zu den wichtigen „Dingen“ im Leben haben die 15- bis 24 Jährigen neben gute Freunde, Gesundheit, Familie und eine glückliche Partnerschaft auch sehr häufig den Aspekt genannt, einen Beruf haben zu wollen, der sie erfüllt und ihnen Spaß macht. Machen die Ausbildungsberufe bei McDonald’s heute schon auch immer Spaß? Und wie gelingt es Ihnen diesen Spaß an die interessierten Bewerber besser zu vermitteln?
Wie regelmäßige interne Befragungen zeigen, gibt der Großteil unserer Mitarbeiter an, Spaß an der eigenen Tätigkeit zu haben. Wir wissen, dass dies vor allem an der als sehr positiv erlebten Teamarbeit liegt. Das lässt sich auch auf unsere Ausbildungsberufe übertragen – Auszubildende dürfen von Anfang an eigene Verantwortung tragen, können sich aber stets auf ihre Kollegen verlassen, wenn es mal eng wird. Um zu zeigen, dass unsere Ausbildungswege sehr vielseitig, herausfordernd und attraktiv sind, arbeiten wir in unserer neuen Azubi-Welt auf www.mcdonalds-ausbildung.de sehr stark mit Bewegtbild. In Videos erhalten die potentiellen Azubis genaue Einblicke in ihre zukünftige Tätigkeit.
Eine der wichtigsten Erwartungen an die eigene Tätigkeit ist hierbei, einen Beruf zu haben, der den eigenen Neigungen und Fähigkeiten entspricht. Wenn ich heute Schüler kurz vor dem Ausbildungsalter spreche, habe ich hier häufig den Eindruck, dass viele das Ausbildungsangebot gar nicht ausreichend genug kennen und daher eine persönliche Ausbildungsauswahl meist sehr schwer fällt. Wie können Unternehmen die „Black Boxen“ ihrer Ausbildungsberufe für ein besseres Matching von Anforderungen mit Fähigkeiten und Neigungen aufbrechen?
Flexibilität ist hier das Stichwort. Unternehmen können sich nicht mehr darauf verlassen, immer ausreichend Bewerber zu rekrutieren, die exakt dem Anforderungsniveau des Ausbildungsplatzes entsprechen. Vielmehr sollten Unternehmen in Erwägung ziehen, den Schritt von der Schule in den Beruf bei Bedarf mit Weiterbildungsmaßnahmen zu erleichtern. Zudem sollten Jugendliche so früh wie möglich die Gelegenheit bekommen, in verschiedene Berufsbilder hineinzuschnuppern, um selbst auszuprobieren, was ihren Fähigkeiten am besten entspricht – zu viele Schulabgänger haben bis zu ihrem Berufseinstieg kaum Erfahrungen in der Arbeitswelt gesammelt. Wir bieten beispielsweise Praktika an oder den jährlichen „Tag der Ausbildung“, an dem Jugendliche sich auch direkt mit unseren Auszubildenden austauschen können.
Dies war der erste Teil des Interviews. Nächste Woche wird es hier weitergehen. Bleiben Sie dran!
Sehr interessanter Artikel!
Ich fand diese Aussage sehr aufschlussreich: „Auch wir stellen fest, dass einige Werte oder Grundtugenden heute im Elternhaus oder in der Schule nicht mehr selbstverständlich vermittelt werden, wie z.B. Höflichkeit, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit.“
Viele Personalberater bieten eine Art Charakteranalyse an, die auf Geburtstag und genauer Geburtsuhrzeit basiert. Damit soll der Grundcharakter einer Person definiert werden.
Was haltet Ihr von dieser Methode? Hat da jemand schon Erfahrungen damit gemacht?