Von Karrierewebsites und Web Monitoring – Oder: „Is mir doch egal was du sagst!“

Kürzlich wurde die dritte Ausgabe des „Trend Report Online Recruiting Schweiz 2011“, eine Arbeitsmarktstudie der Prospective Media Services AG, veröffentlicht. Die Ergebnisse der Studie wurden bereits u.a. auf dem Crosswater Job Guide vorgestellt. Was ich an dieser Stelle aber nochmals hervorheben möchte, sind die Ergebnisse zu Karrierewebsite und Web Monitoring. Zwar geht es hier um den Schweizer Raum, die Ergebnisse dürften aber durchaus vergleichbar sein.

Fragt man einen Bewerber, wo er oder sie sich über das Unternehmen informiert hat, bekommt man oft dieselbe Antwort: auf der (Karriere-)Website. Natürlich bleibt dabei immer zu hinterfragen, wie aussagekräftig diese Antwort ist, denn die Karrierewebsite erscheint vielen Bewerbern als die „passendste“ Antwort. Schließlich möchte man ja einen guten Eindruck machen. Dass man gleichzeitig auch das Unternehmen gegoogelt hat, sich zusätzliche Informationen über Facebook oder Arbeitgeberbewertungsportale eingeholt hat, fällt da schon einmal unter den Tisch.

Unbestritten dürfte jedoch sein, dass die Karrierewebsite nach wie vor eine der ersten Anlaufstellen für potentielle Bewerber ist. Wie diese dann letztendlich auf eine Stellenausschreibung aufmerksam geworden sind, z.B. über Online Stellenbörsen, Social Media, Print oder tatsächlich die direkte Suche auf der Website des Unternehmens, ist eine andere Frage. Auf jeden Fall führt ihr Weg in den allermeisten Fällen früher oder später zur Karriereseite. Und dann? Was erwarten die Bewerber eigentlich von dieser Seite? Nehmen Unternehmen die Chance war, mögliche Bewerber hier abzuholen und zu überzeugen? Sicherlich gibt es einige sehr lobenswerte Beispiele, bei denen die Unternehmen viel Mühe und Herzblut in die Entwicklung der eigenen Online Präsenz gesteckt haben. Beispielhaft seien hier nur einmal ThyssenKrupp und Eismann erwähnt, die mit ihren Karrierewebsites nicht nur die Herausgeber der potentialpark Studie überzeugt haben (wer jetzt nicht weiß, worum es geht, kann das gerne hier nachlesen 😉 ). Aber wie sieht es mit dem Rest aus? Passen Angebot und Nachfrage zusammen? Sind sich die Unternehmen der Bedeutung und des Potenzials ihrer Karriereseiten bewusst?

Schauen wir uns das Ganze erste einmal aus der Sicht der Bewerber an. Welche Inhalte möchten sie auf einer Karrierewebsite sehen? Das Ergebnis des Schweizer Trend Reports sieht folgendermaßen aus:

Eine genauere Beschreibung des Job-Profils, die Unternehmenskultur und eine Möglichkeit zur direkten Kontaktaufnahme stehen hier an erster Stelle. Interessant ist an dieser Stelle auch der Unterschied zwischen Deutsch- und Westschweizern. Deutschschweizer legen im Vergleich zu ihren westlichen Nachbarn mehr Wert auf Hintergrundinformationen zum Unternehmen als Arbeitgeber, also Kultur, einen Blick hinter die Kulissen und Fotos der Mitarbeiter. Westschweizer haben dagegen die Nase vorn wenn es um den Wunsch nach Informationen zur Bewerbung selbst geht, also spielen hier der Ablauf des Bewerbungsprozesses und generelle Bewerbungstipps eine größere Rolle.

Und wie sieht es auf der anderen Seite aus? Welche Informationen bieten die Unternehmen auf ihren Karrierewebsites an?

In den ersten drei Punkten sind sich beide Seiten schon einmal einig, wenn auch in vertauschter Reihenfolge. So weit, so gut. Die größte Diskrepanz gibt es allerdings beim „Blick hinter die Kulissen“. 40 Prozent der Bewerber wünschen sich diesen Einblick, nur 8 Prozent der Unternehmen geben ihnen die Möglichkeit dazu.  Nicht nur, dass dieser Punkt auf dem letzten Platz gelandet ist und somit von den Unternehmen scheinbar als zu vernachlässigen betrachtet wird, er ist außerdem im Vergleich zum letzten Jahr rückläufig. Während die Beschreibung der Firmenkultur und die Platzierung von Mitarbeiterfotos relativ weit oben liegen, scheuen sich viele Unternehmen, einen tatsächlichen Einblick in den Alltag zu gewähren. Unternehmenskultur und Mitarbeiterfotos sind ja in der Regel bis aufs Kleinste ausgeklügelt und rücken das Unternehmen in ein derart positives Licht, dass es oft schon schmerzt. Einen realitätsnahen Eindruck und den, von vielen Bewerbern gewünschten, „Blick hinter die Kulissen“ bekommt man dadurch nur äußerst selten.

Woran liegt dieser Unterschied? Haben die Unternehmen Hemmungen, sich offen darzustellen, oder sind sie sich der Wünsche von Besuchern ihrer Websites schlicht nicht bewusst. Wenn man sich die Ergebnisse der Trend Studie ansieht, dürfte letzteres wohl zumindest eine Rolle spielen. Lediglich 48 Prozent der Befragten messen den Erfolg ihrer Karrierewebsite. Beliebteste Methoden hierbei sind Besucherzahlen und Rücklaufquote mit 32 bzw. 22 Prozent. Eine User Befragung wird gerade einmal von 4 Prozent betrieben. Noch erschreckender: Von den 48 Prozent, die ihre Website überprüfen, nutzt gerade einmal gut die Hälfte der Unternehmen die Ergebnisse zur Optimierung. Da fragt man sich doch, wozu die andere Hälfte überhaupt eine Überprüfung durchführt.

                                                                                  (zum Vergrößern bitte anklicken ;-))

Generell scheinen viele Unternehmen es mit der kritischen Selbstbetrachtung nicht allzu ernst zu nehmen. Auf die Frage, ob sie Web Monitoring betreiben, antworteten 49% mit „Nein“, 41% mit „Ja, gelegentlich“ und gerade einmal 10% mit „Ja, gezielt und regelmäßig“. Auch hier fällt wieder auf, dass selbst bei den Unternehmen, die Web Monitoring betreiben, gerade einmal 35% bei einer negativen Darstellung des Unternehmens Gegenmaßnahmen ergriffen haben. Der Rest hat einfach nichts unternommen. Dagegen gaben 72% der Unternehmen an, gelegentlich oder regelmäßig nach Informationen zu Bewerbern im Web zu suchen, lediglich 28% machen von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch. Es wird also doch ein gewisser Wert auf Informationen gelegt, die so im Netz umherschwimmen. Zumindest, wenn es um Informationen zu Bewerbern geht. Was über das eigene Unternehmen gesagt wird, scheint von geringerer Bedeutung zu sein. Die Trend Studie sieht einen möglichen Erklärungsansatz darin, dass Unternehmen selbst publizierte Inhalte für wichtiger halten als fremdpublizierte. Zum einen ist diese Einstellung aber an sich sehr fragwürdig, zum anderen sollte in diesem Falle wohl weitaus mehr Sorgfalt in die Überprüfung und Optimierung der eigenen Website gelegt werden!

Bleibt festzuhalten, dass die Grundbedürfnisse der Bewerber von den meisten Karrierewebseiten abgedeckt werden. Etwas mehr Mut zur Offenheit und Einblicke hinter die aufpolierte Fassade wären allerdings wünschenswert. Generell wäre es für viele Unternehmen, nicht nur in der Schweiz, ratsam, sich mehr auf eine Ebene mit den Bewerbern zu bewegen. Offen kommunizieren, bewusst am Dialog im Web teilnehmen und Kritik nutzen, um besser zu werden.

Comments
One Response to “Von Karrierewebsites und Web Monitoring – Oder: „Is mir doch egal was du sagst!“”
  1. Die Professionalität einerseits aber auch die Glaubwürdigkeit und der wichtige erste Eindruck von einer HR-Webseite andererseits wird durch viele Faktoren bestimmt. Der Grundsatz lautet ganz einfach: Was wollen unsere Besucher dieser Webseite von uns wissen und was können wir ihnen Interessantes über uns sagen? Spannend und authentische Inhalte sind wesentlich wichtiger als technische Spielereien, Social Media-Icons zu Haufe und anderen Schnickschnack. Was auf Interesse stösst, ist ein Bericht eines Mitarbeiters, wie er seine Einführung im Unternehmen erlebte oder welche Entwicklungsperspektiven das Unternehmen dieses Jahr welchen Mitarbeitern gewährte.

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