„Undercover Boss“ – Was denken eigentlich die Mitarbeiter?
Bereits drei Folgen der aus Großbritannien importierten Sendung „Undercover Boss“ hat RTL nun schon ausgestrahlt. Die Meinungen zu diesem Format gehen dabei durchaus auseinander. Einige begrüßen den Ansatz, die Chefs einmal in den Arbeitsalltag ihrer Angestellten einzuschläusen und so vielleicht besser einschätzen können, wo und wie sie diesen verbssern können. Andere bezweifeln, dass ein solcher Mitarbeiter überhaupt authentisch bleiben kann, wenn er den ganzen Tag von einem Kamerateam begleitet wird, stellen die Sendung als zu werblich oder gar als Bespitzelung der Mitarbeiter dar.
Aber wie empfindet es ein betroffener Mitarbeiter tatsächlich? Fühlt er sich hintergangen, oder vielleicht sogar eher geschmeichelt, dass der Chef sich für seinen Arbeitsalltag interessiert? Wie fühlt es sich an, plötzlich vor dem Chef zu sitzen und zu erfahren, dass man diesem unbewusst einen ganzen Tag lang einen Einblick in die eigenen Aufgaben im Unternehmen gegeben hat?
Um Antwortern auf diese und mehr Fragen zu bekommen haben wir einmal einen Betroffenen dazu Befragt. Jan Zilske, regionaler Vertriebsleiter bei der eismann Tiefkühl-Heimservice GmbH, war in der ersten Folge von „Undercover Boss“ zu sehen und hat sich unseren Fragen gestellt:
Was war Ihr erster Gedanke, als Sie erfahren haben, dass „Rico Meissner“ in Wirklichkeit Mika Ramm ist?
Ich war absolut baff, was man an meiner Reaktion sicher auch deutlich sehen konnte. In dem Moment, als ich den Zusammenhang realisiert habe, sind mir wahnsinnig viele Dinge durch den Kopf gegangen. Man fängt dann unweigerlich damit an, die gesamte Szenerie im Kopf noch einmal durchzuspielen.
links: Jan Zilske, rechts: Mika Ramm alias „Rico Meissner“
Was für einen Eindruck hatten Sie von „Rico Meissner“ als potenziellem Kollegen? Hätten Sie ihn als Bewerber empfohlen?
Mir ist es erst einmal schwergefallen, Rico Meissner einzuordnen. Überzeugt hat er mich mit seinen extremen planerischen Stärken. Menschlich fand ich ihn einerseits sehr zurückhaltend, aber andererseits gleichzeitig auch sehr souverän. Bei uns im Unternehmen ist es üblich, Bewerber erst einmal eine Mitfahrt bei einem „eismann“ machen zu lassen. Bevor ich eine Empfehlung für Rico Meissner ausgesprochen hätte, hätte ich ihn zu einer solchen Tour eingeladen, um zu sehen, wie groß sein Interesse an der Stelle wirklich ist.
Hatten Sie, nachdem die Undercover-Aktion aufgedeckt wurde, nicht das Gefühl, kontrolliert worden zu sein?
Absolut nicht. Wenn man den ganzen Tag von einer Fernsehkamera begleitet wird, sollte einem klar sein, dass diese Bilder später jeder sehen wird.
Kurz bevor Ihnen „Rico Meissner“ vorgestellt wurde, hatten Sie mit Mika Ramm zusammen an einem Meeting teilgenommen. Kam Ihnen während Ihrer Zeit mit dem angeblichen Arbeitssuchenden wirklich nie der Gedanke, dass es sich um Ihren Chef handeln könnte?
Diese Frage haben mir schon einige Leute gestellt. Ich denke, man ist als Laie vor einer Fernsehkamera so stark auf seine eigene Person konzentriert, dass überhaupt keine Zeit für solche Zweifel bleibt.
Sie wurden von Mika Ramm in die Arbeitsgruppe „Wie man Mitarbeiter/Eismänner/Vertriebspartner besser motiviert“ eingeladen. Was ist aus dieser Arbeitsgruppe geworden? Gibt es bereits erste Ergebnisse?
Über die Einladung in diese Gruppe habe ich mich sehr gefreut. Bereits im Vorfeld habe ich mir häufig Gedanken über dieses Thema gemacht und finde es klasse, dass ich mich jetzt auf diesem Weg einbringen kann. Mittlerweile war ich schon mehrere Male in der Zentrale in Mettmann. Zuletzt habe ich an einem Workshop teilgenommen, in dem neue Inhalte für unser Firmenfernsehen erarbeitet wurden. Wir wollen dieses Kommunikationsmedium nutzen um die Motivation bei der Vertriebsmannschaft zu schüren.
Was ist Ihr persönlicher Eindruck von eismann als Arbeitgeber?
Meiner Meinung nach ist eismann ein toller Arbeitgeber. Ich kenne keine Firma dieser Größe, die so schnelle Kommunikationswege hat wie eismann. Für gute Ideen stehen immer alle Türen offen und häufig werden diese extrem schnell in die Tat umgesetzt.
Der Vertrieb wird im Regelfall lediglich an seinen Zahlen gemessen, aber hier hat man immer das Gefühl, dass der Mensch im Mittelpunkt steht – und eben nicht nur die Zahl.
Bemerkenswert finde ich auch, wie viel Zeit die Geschäftsleitung in Mitarbeiter in meiner Position investiert und mit welcher Selbstverständlichkeit dies auch bereits während der Trainee-Ausbildung der Fall ist.
Anders gesagt: „eismann aus Leidenschaft“ ist nicht nur das Motto, weil es schön klingt, sondern weil es so ist.
Hat sich dieser Eindruck durch den „Undercover Boss“ in irgendeiner Weise geändert?
Nein, überhaupt nicht. Dass eismann bei diesem Format mitgemacht hat, macht eines deutlich: Das Unternehmen ist bemüht, immer noch ein bisschen besser zu werden. Und wie könnte das besser gehen, als einmal selbst in der Praxis zu überprüfen, wie sinnvoll die Entscheidungen der Geschäftsführer im Alltag eigentlich sind?
Was halten Sie persönlich von dem Format „Undercover Boss“? Wo sehen Sie Chancen und Risiken für Mitarbeiter und Arbeitgeber?
„Undercover Boss“ ist ein tolles Format, da es in Deutschland einzigartig ist. Bislang war ich immer der Meinung, dass alle Reality-Sendungen inszeniert sind. Jetzt war ich selbst mit dabei und habe herausgefunden, dass das so nicht stimmt, zumindest nicht für „Undercover Boss“.
Ich denke, neben dem großen Unterhaltungswert bietet das Format eine tolle Chance für Firmenchefs: Sie haben die Möglichkeit, ihre Mitarbeiter im Alltag kennenzulernen und festzustellen, was sich an der Basis vielleicht noch besser machen lässt.
_____________________________________________________________________________
Wir bedanken uns bei Jan Zilske für diese persönlichen Eindrücke und sind gespannt, wie es weitergeht mit dem „Undercover Boss“!
Schönen Dank für dieses Interview. Ich habe es in meinem Buch „Das Touchpoint Unternehmen“ untergebracht.
http://www.touchpoint-management.de/das-buch-touchpoint-unternehmen.html
Anne Schüller