U.S. Army und Social Media Guidelines

Kürzlich wurde ich durch einen Tweet auf ein sehr interessantes Social Media Handbuch aufmerksam. Nun mag mancher denken: Oh nein, bitte nicht noch ein Handbuch zu diesem Thema! Dieses hier ist es aber durchaus wert, einmal einen genaueren Blick darauf zu werfen. Warum? Nun ja, es wurde von der U.S. Army an ihre Soldaten verteilt und sogar veröffentlicht. In dem U.S. Army Social Media Handbook 2011 werden den Soldaten Richtlinien an die Hand gegeben, wie sie sich in sozialen Netzwerken verhalten sollen.

Zunächst vermutet man wohl, dass es sich überwiegend um Verbote und Restriktionen handelt, aber das Gegenteil ist der Fall! Die Army ermutigt sogar zu einem offenen Austausch. Der Chief of Public Affairs betont, dass Soldaten schon immer das beste Sprachrohr für die Army waren und dass Social Media ein Werkzeug sind, um deren Geschichten noch effektiver zu verbreiten.

Das wirft die Frage auf: Wenn sogar die U.S. Army offen mit dem Thema Social Media umgeht und ihre Soldaten zur Nutzung von sozialen Netzwerken aufruft, welche Grundlage bleibt dann noch Unternehmen, die ihren Mitarbeitern die Nutzung derselben Netzwerke aus Sicherheitsgründen verbieten?

Natürlich ist es immer wichtig, sensibel mit vertraulichen Informationen umzugehen. Genau dazu sind solche Social Media Guidelines schließlich da. Nicht verbieten, sondern schulen und sensibilisieren ist hier die Devise. Gerade in einem Umfeld, in dem Vertraulichkeit und Sicherheit eine große Rolle spielen, ist es unerlässlich, einen genauen Fahrplan zu erstellen, BEVOR man sich in das Abenteuer Social Media wagt.

Was es bei der Erstellung von Social Media Guidelines zu beachten gilt, hat Michaela Schröter bereits in der Dezember-Ausgabe von HR-szene prägnant zusammengefasst:

How-to – Social Media Guidelines leiten durch die bunte Welt des Social Web

Im Jahr 2010 haben bereits sehr viele Unternehmen Social Media Präsenzen aufgebaut – sei es von Marketing-, PR- oder Arbeitgeber-Seite. Damit haben die Unternehmen auf den kommunikativen Wandel reagiert. Wenn das Social Web bedeutet, dass nicht mehr nur Journalisten die Gatekeeper von Meldungen und Nachrichten sind, sondern jeder mit Zugang zum Internet im Social Web publizieren kann – auch ohne journalistische oder kommunikative Ausbildung und entsprechendes Know-how – hat dies Auswirkungen auf Qualität und Form publizierter Inhalte.

Diese Entwicklung mag man befürworten oder kritisch beäugen, ändern kann man sie nicht. Aber man kann sich den neuen Gegebenheiten stellen. Angst oder Skepsis vor der neuen (Kommunikations-) Welt sollte man lieber in Neugier verwandeln. Bevor man Social Web-Auftritte des Unternehmens erwägt, empfiehlt es sich erst einmal zu beobachten, was die Mitarbeiter tun. Denn höchstwahrscheinlich ist ein Großteil von Ihnen privat längst in Social Networks vertreten. Die Meisten werden sicherlich einen verantwortungsbewussten Umgang mit diesen Medien pflegen, andere vielleicht nicht. Ob aus Unwissenheit, was wahrscheinlich ist, oder aus Boswilligkeit, in jedem Fall empfiehlt es sich genau hinzusehen, um den Mitarbeitern dann Empfehlungen im Umgang mit Social Media an die Hand zu geben.

Wie entwickelt man Social Media Guidelines? Unabhängig von den Inhalten sollte eines klar sein: Die Richtlinien sollten klar und einfach formuliert werden! Juristisch verklausulierte Endlos-Dokumente wird niemand lesen und sie verfehlen somit ihren Zweck. Positiv formulierte Hilfestellungen werden eher beachtet als oktroyierte Richtlinien und Verbote.

Der Zehn-Punkte-Plan

Otto beispielsweise hat in zehn Punkten klar festgelegt, was dem Unternehmen in Bezug auf Social Media wichtig ist. Was hat Otto konkret festgelegt? Aus dem Dokument lässt sich herauslesen, dass das Unternehmen einen äußerst offenen Umgang mit den eigenen Mitarbeitern anstrebt. Neben Hinweisen zur Verschwiegenheitspflicht (1) und darauf, dass die Mitarbeiter vor Veröffentlichungen im Business-Kontext Rücksprache halten sollten (2), sowie dazu, dass private Äußerungen im Social Web als solche gekennzeichnet werden sollten (3), ermutigt Otto seine Mitarbeiter sogar dazu, Kritik zu äußern. Im positiven wie im negativen Sinne. Dieser Punkt der Otto-Social Media Guidelines zeigt deutlich: Statt in Angst zu erstarren wie ein Reh im Scheinwerferlicht, scheut Otto die Auseinandersetzung mit der neuen Realität nicht. Der Grund dürfte simpel sein: Über das Unternehmen wird im Social Web ohnehin geschrieben. Ein Verbot brächte nur wenig. Wer etwas kundtun möchte, tut dies. Guidelines hin oder her. Am Ende des Tages sind die Profile bei Facebook oder anderen Plattformen privat. Vielleicht ist die Scheu dort größer sich negativ über den Arbeitgeber zu äußern, aber wer dies unbedingt möchte, kann dies auch anonym auf anderen Plattformen oder in Foren tun.

Otto hat den Schlüssel im Umgang mit den Sozialen Medien gefunden. Denn man sollte keine Horror-Szenarien durchspielen, sondern stattdessen ein paar simple Grundsätze beherzigen. Folgende drei Punkte sollten in jedem Fall in den Guidelines festgehalten werden:

1.     Vertraulichkeit interner Informationen

2.     Keine persönlichen Angriffe im Netz im Namen des Unternehmens

3.     Trennung von persönlichen Meinungen und unternehmensbezogenen Äußerungen

Alle weiteren Punkte sind individuell zu eruieren. Ob man die Mitarbeiter zur Kritik regelrecht ermuntert, wie Otto, oder ob man die Guidelines nüchterner hält, hängt in großem Maße von der Unternehmenskultur ab. Allzu offene Guidelines machen nur dann Sinn, wenn diese Offenheit im Unternehmen auch gelebt wird. Das wichtigste ist in jedem Fall Hilfestellungen zu leisten, statt Verbote zu erteilen. Letzen Endes muss man den eigenen Mitarbeitern Vertrauen schenken und denen, die im Umgang mit Sozialen Medien unsicher sind Hilfestellungen geben – nicht mehr und nicht weniger sollten Social Media Guidelines leisten.

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