Social Community Day 2010
Am Dienstag fand im KOMED, im MediaPark Köln, der „Social Community Day 2010“ statt. Die vom Grimme-Institut organisierte und von NRW Medien-Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren geförderte Veranstaltung sollte Einblicke in die Bandbreite von Online Communities geben und eine Diskussion über deren Chancen und Risiken anregen.
(Foto: http://soccomday.mixxt.de)
Moderiert wurde das Ganze von Jörg Schieb (WDR „Angeklickt“), der gleich zu Beginn eine staubedingte Verspätung der Ministerin mit Unterstützung des Keynote Speakers Axel Schmiegelow (sevenload) in einer Art Mini-Comedy gekonnt überspielte.
Als Frau Schwall-Düren dann eintraf und ihre „Eröffnungs“-Rede hielt, die nun in die Keynote eingeschoben wurde und somit eigentlich gar keine mehr war, gab es gleich den ersten Diskussionspunkt: Das Land NRW beabsichtigt, einen Medien-Führerschein einzuführen. Kaum ausgesprochen konnte man auf Twitter bereits die ersten bissigen Kommentare lesen: „Land NRW möchte einen Medienführerschein einführen – darf ich Dozent sein oder die Pädagogen der Abschlussklasse von 1969“, „Rede MdL Schwall-Dueren wurde wohl noch von der Vorgaenger-Regierung geschrieben.“ (zu finden unter dem Hashtag #scd10).
Im ersten Panel „Ohne geht es nicht mehr – der Siegeszug der Social Communitys. Warum eigentlich?“ wurde überraschend festgestellt, dass man um die Online Communities nicht mehr herum kommt. Warum? Weil es so schön einfach ist. Statt der von Frau Dr. Schwall-Düren erwähnten wochenlangen Wartezeiten bei der Kommunikation mit Brieffreunden kann man nun in sekundenschnelle mit Bekannten, oder eben auch eigentlich Unbekannten, kommunizieren, Informationen einholen, Erfahrungen austauschen. Außerdem wurde festgestellt, dass herkömmliche Werbe-Kommunikation heute nicht mehr funktioniert. Man glaubt lieber 1.000 online-Bewertungen, als einer Print- oder TV-Kampagne. Klar, dass man dabei auch kritisch sein sollte und dass dafür Kompetenz im Umgang mit dem Medium Internet erforderlich ist. Allerdings müssen wir uns dabei wohl weniger Sorgen um die Jugend machen, wie die 16jährige Adriana Chojnacka, SchülerVZ-Scout am Elsa-Brandström-Gymnasium in Oberhausen durch ihre Beiträge zur Diskussion bewies. Zusammen mit 19 anderen Scouts berät sie Mitschüler bei Fragen zu SchülerVZ und spielte in Sachen Medienkompetenz so manchen vermeintlich „erfahrenen“ Teilnehmer an die Wand.
Im zweiten Panel „Datenklau und Identitätsbetrug oder Vernetzung, Lernen und Karriere – Risiken und Potenziale der Social Communitys“ wurde durchaus kontrovers diskutiert: Spaßfotos in Online Communities schrecken potenzielle Arbeitgeber ab, langweilige Profile aber auch. Prof. Dr. Dorothee Meister (Universität Paderborn) findet, dass der Umgang mit Social Networks in den Schul-Curriculum gehört, während Jörn Sieveneck (nerotunes) vor allem die Eltern in der Verantwortung sieht und gleichzeitig auf die selbstregulierende Wirkung des Webs hinweist. Heiko Wichelhaus (checked4you, Verbraucherzentrale NRW) sieht kommerzielle Anbieter zumindest in der Mitverantwortung, die von ihnen betriebenen Seiten z.B. durch Voreinstellungen oder Melde-Buttons sicherer zu machen. Jürgen Ertelt (Jugend online bei IJAB e.V.) machte direkt zu Beginn klar, dass er sich nur auf die Chancen konzentrieren würde. Und verteilte gleich noch einen Seitenhieb zum Medienführerschein, der ja eher ein Stempel ohne Inhalt und daher auch sinnlos wäre. Vielmehr müsste Medienkompetenz durch begleitende Maßnahmen geschaffen werden. Interessant waren auch die Beiträge von Kai Piontek, der an der Ruhr-Universität Bochum mit „Rookai“ ein Uni-internes Netzwerk geschaffen hat, in dem unter anderem an gemeinsamen Dokumenten gearbeitet und diskutiert werden kann. Laut Pointek tun Professoren sich leichter, in ein kleines, geschlossenes Netzwerk einzutreten, als in ein großes wie z.B. Facebook. Einig war man sich, dass Social Communitys viele Chancen bieten, vor allem in den Bereichen Politik und Mitspracherecht, dass eine regelmäßige und bewusste Reflexion aber nicht fehlen darf.
Anschließend wurde die erste von zwei Workshop-Runden eingeläutet, in der man sich zwischen „Netzwerke für die Generation 60plus“ und „Social Gaming Networks“ entscheiden musste. Was soll ich sagen, ich wählte den Gaming-Workshop. Ein besonders interessanter Ansatz von Ibrahim Mazari (Turtle Entertainment GmbH), der den Workshop zusammen mit Torben Kohring (Institut Spielraum an der Fachhochschule Köln) leitete: „Jemand der bei WoW große Gilden leitet, ist für uns eine Führungspersönlichkeit“. Warum sollte eine Führungsposition in einer solchen Gilde nicht auch Qualifikation auf dem Arbeitsmarkt sein? Immerhin hätten solche Clans durchaus Strukturen und Regeln, die mit denen in einem Wirtschaftsunternehmen vergleichbar sind. Insgesamt räumte der Workshop mit dem Vorurteil auf, dass Online-Spiele sozial isolieren würden und stellte den Wettbewerbs- und Teamworkgeist solcher Gaming-Networks heraus.
(Foto: http://soccomday.mixxt.de)
In der zweiten Workshop-Runde hatte man die Wahl zwischen „Soziale Online-Netzwerke und Beruf“ und „Soziale Online-Netzwerke zwischen Schule und Freizeit“. Letzterer wurde geleitet von Thomas Welsch (sk stiftung jugend und medien) und Marco Fileccia (Elsa-Brändström-Gymnasium Oberhausen). Hier befasste man sich nochmals eingehend mit dem Modell der SchülerVZ-Scouts, die sich zukünftig wohl eher in Richtung Medien-Scouts entwickeln werden, sowie dem jugendlichen Bedürfnis nach Selbstdarstellung und Kommunikation im Netz. Der Workshop zu sozialen Netzwerken und Beruf wurde von Lutz Altmann (humancaps media) und Rouven Schäfer (DocCheck) geleitet und stellte die Vorteile sozialer Netzwerke für Arbeitgeber und Bewerber in den Vordergrund.
(Foto: http://soccomday.mixxt.de)
Zum Abschluss gab es noch eine kleine Diskussionsrunde, bei der alle Referenten den Tag vor einer mittlerweile zugegebenermaßen deutlich dezimierten Zuhörerzahl noch einmal kurz zusammenfassten. Insgesamt eine gelungene Veranstaltung mit wenig Neuem, aber interessanten Diskussionen.
dieser Tag wäre sicher interessant gewesen. Danke für den Bericht.