Sinn und Unsinn einer Facebook-Karrierepage

Immer mehr Unternehmen finden ihren Weg in die sozialen Netzwerke. Während Xing bereits seit längerem von Unternehmen genutzt wird und sich als Karriereportal etabliert hat, entstehen nun auch immer mehr Karriereseiten auf Facebook. Zwar steht nach wie vor die Diskussion im Raum, inwieweit Facebook überhaupt als Plattform für berufliche Themen genutzt werden kann, allerdings zeigen aktuelle Studien, dass Facebook-User die Plattform nicht (mehr) ausschließlich zur Kommunikation mit Freunden nutzen. Laut der Studienreihe „Europäischer Social Media und E-Mail Monitor“, die eCircle in Zusammenarbeit mit Mediacom Science durchgeführt hat, sind 27% der Nutzer von sozialen Netzwerken an Informationen zu Produkten und Firmen interessiert und 15% bereits Fan bzw. Follower eines Unternehmensprofils.

Stellt sich die Frage, wie man als Unternehmen diese Möglichkeit am besten nutzt. Bisher scheint die überwiegende Vorgehensweise zu sein, Inhalte der Karrierewebsite einfach auf Facebook-Format zurechtzustutzen. Die Facebook-Seite wird mehr oder weniger zur Mini-Ausgabe der Website. Aber kann das wirklich der richtige Weg sein? Wohl eher nicht! Schaut man sich einmal an, was Nutzer von sozialen Netzwerken erwarten und was Unternehmen umsetzen, wird schnell klar, dass man sich hier in entgegengesetzte Richtungen bewegt: Laut der genannten Studie dienen soziale Netzwerke „der Informationsbeschaffung zu Produkten, nicht dem direkten Abverkauf“. Das lässt sich problemlos auf Karriereseiten übertragen. Hier dienen die Netzwerke der Informationsbeschaffung zu Unternehmen und ausgeschriebenen Stellen, nicht zur direkten Bewerbung. Der Vorteil, z.B. von Facebook, liegt in der direkten Kommunikation, dem Dialog zwischen Arbeitgeber und potenziellem Arbeitnehmer. Kaum ein Interessent wird auf die Idee kommen, den Facebook Karriereauftritt eines Unternehmens aufzusuchen, um sich über diese Plattform zu bewerben. Die Anlaufstelle Nr. 1 für eine Online-Bewerbung ist nach wie vor die Karrierewebsite. Für zusätzliche Informationen zum Unternehmen oder einer speziellen Stelle, persönliche Fragen und ein erstes „Beschnuppern“ ist dann Facebook eine hervorragende Möglichkeit.

Ein weiterer interessanter Punkt der Studie: „Gebuchte Werbung in sozialen Netzwerken wird von 55% der Teilnehmer als störend betrachtet“. Auch hier liegen Produkt- und Personalmarketing, wie so häufig, nicht weit auseinander. Die Nutzer erwarten besonders in sozialen Netzwerken für sie relevante Informationen, an die sie sonst nur schwer gelangen würden. Die einfache Schaltung von massenkompatiblen Bannern macht hier keinen Sinn. Warum also sollte es bei Jobangeboten anders sein? Eine Auflistung aller freien Stellen ist mit wenigen Klicks auf der Karrierewebsite abrufbar. Von dem Social Media Auftritt eines Unternehmens erwartet der Nutzer einen Mehrwert: Was genau erwartet mich bei einer Bewerbung auf eine bestimmte Stelle? Wer sind die Personen hinter der Stellenanzeige? Passe ich zum Unternehmen bzw. das Unternehmen zu mir? Hier fällt es leichter Fragen zu stellen, als z.B. per E-Mail oder Telefon und man bekommt einen persönlicheren Eindruck, als z.B. durch eine Stellenanzeige oder einen Prospekt.

Bisher wird das Potenzial von Karriereseiten auf Facebook von Unternehmen kaum genutzt. Hier gilt es, den eigentlichen Grundgedanken von sozialen Netzwerken und die Erwartungen der Nutzer daran besser zu verstehen und zu berücksichtigen.

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4 Responses to “Sinn und Unsinn einer Facebook-Karrierepage”
  1. Den größten Vorteil einer Facebook-Karriereseite sehe auch ich in der Möglichkeit, über Dialoge mit den potentiellen Bewerbern eine unkomplizierte Annäherung an das Unternehmen zu schaffen. Allerdings gilt es in erster Linie erst einmal Vertrauen mit den Interessenten aufzubauen, um die Zurückhaltung abzubauen, damit diese Dialoge überhaupt erst möglich werden. Darin liegt meines Erachtens auch die größte Herausforderung: Authenzität durch Kommunikation mit der Zielgruppe schaffen. Dies ist nicht einfach, denn zum einen muss das Unternehmen seine eigene Tonalität in den sozialen Medien finden, darf allerdings in diesem Zusammenhang auch nicht an der Zielgruppe vorbeireden.(Learning-by-doing eben) In der Planung spielen natürlich noch einige weitere Aspekte eine Rolle, wie sie @Personalerin schon erörtert hat).
    Zum Thema Produktion von Inhalten: Einblicke in das Unternehmen sind hilfreich, da sie das Interesse der Bewerber anregen. Meines Erachtens ist die Nutzung von Fotos, Videos, Notizen etc. allerdings nur zweckdienlich, wenn man mittels dieser Instrumente die Interessierten zur Kommunikation einlädt, d.h. Neugierde schafft, sich mit dem Unternehmen und den Berufsperspektiven näher auseinanderzusetzen, so dass es dadurch zum Dialog mit den „Betreuern“ bzw. „Ansprechpartnern“ auf der Karriereseite kommt. Es sollte allerdings nicht nur die Neugierde der Bewerber am Unternehmen im Fokus stehen, auch das Unternehmen sollte neugierig auf die möglichen Bewerber sein, die an der Seite teilhaben. Letztendlich schafft der Austausch zwischen Bewerber und Unternehmen eine persönliche Wertschätzung für den Interessierten, die auf anderem Wege nicht erreicht werden kann. Daher gebe ich Thorsten zur Jacobsmühlen vollkommen recht, wenn er bezüglich seines Ansatzes der Employer Brand Humanizing sagt, dass die “ digitale Zukunft menschelt“. Dies ist doch der Grundansatz sozialer Netzwerke: Menschen (!) tauschen sich auf einfache Weise untereinander aus.

  2. Lutz Altmann sagt:

    Zwei seiner interessante Anmerkungen. Ja, es geht um die Beziehungen der Menschen, um den Dialog zwischen Dialog. Und da bietet uns gerade Facebook viele neue Möglichkeiten. Und genau diese Form des Austauschs mit potenziellen Kandidaten ist eine neue Kommunikationsform. Übrigens für beide Seiten ist dies neu. Auch Kandidaten sind zum Teil noch sehr zurückhaltend. Und genau hier sollte die Begleitung der Unternehmen bei der Umsetzung einer Facebook Karrierefanpage ansetzen. Es geht vor allem um Fragestellungen zur Kommunikation. Allein diese Woche haben wir mehrfach diese Fragestellungen mit und ohne Unternehmen diskutiert.

    Woher bekomme ich die möglichen Inhalte für Facebook Karrierefanpage? Darf ich die rechtlich nutzen? Dürfen die Mitarbeiter während der Arbeitszeit Ihr Bekunden zum „Like der Seite“ kundtun? Und erst recht dürfen die Mitarbeiter jederzeit während der Arbeitszeit „mitdiskutieren“. Viele Fragen, die es gilt individuell in jedem Unternehmen zu beantworten. Und dabei müssen Risiken und Chancen miteinander abgewogen werden. Doch ich gebe Ihnen recht, ohne Learning by doing geht im Zeitalter des Social Web dabei gar nichts.

  3. Personalerin sagt:

    Ich stimme Ihnen in vielen Punkten Ihres Beitrags zu. Insbesondere die Tatsache, dass es eben NICHT darum geht, die Karrierewebseite eins zu eins in Facebook zu übertragen, sondern den potentiellen Arbeitnehmern einen Blickwinkel auf das Unternehmen zu bieten, den er über die Webseite vielleicht nicht erhält. Viele Unternehmen haben genau das sehr gut verstanden und geben schon länger mittels selbst gedrehter Videos, Berichten von Mitarbeitern, Berichten über Events, Fotos und vor allem Dialog mit den Fans einen tollen Blick hinter die Kulissen (bspw. Bayer, BMW, Daimler, Commerzbank etc.).

    Bei dem äußerst berechtigen Ruf nach Verständnis und Nutzung des Potenzials von Karriereseiten auf Facebook darf man nicht vergessen, das Ganze mal aus der Sicht der Unternehmen zu betrachten: dort lesen die Personalmarketing-Verantwortlichen natürlich auch diverse Studien, die besagen, dass immer mehr Nutzer auch auf Facebook nach Unternehmen recherchieren. Man verfolgt die relevanten Blogs, wie den Ihren, und sieht in diversen Rankings (bspw. das von Bernd Schmitz), dass die Konkurrenz nicht schläft und dass Potenzial vorhanden ist. Da ist der Druck natürlich groß, auch möglichst schnell einzusteigen.
    Andererseits herrscht auch große Unsicherheit, da man nicht abschätzen kann, wie viel Zeit die Pflege in Anspruch nehmen wird, welche Kosten das Ganze mit sich bringt – vom messbaren (!) Erfolg mal ganz abgesehen. Viele Unternehmen stehen zudem vor der Frage, wer eigentlich wann etwas publizieren darf, welchen Abstimmungsprozess Beiträge durchlaufen müssen und ob es rechtliche Aspekte zu beachten gilt. Es gibt zwar eine Vielzahl selbst ernannter Social Media Experten, die zu diesen Themen kostspielige Workshops anbieten, allerdings sind das Fragestellungen, die (oft mühsam) intern geklärt werden müssen. Neben Entscheidungsträgern, die häufig nicht der Generation Y entstammen und erstmal überzeugt werden müssen, besteht die schwierigste Herausforderung darin, dass auf einer Facebook Karriereseite laufend (und das bedeutet mindestens dreimal die Woche!) neue, spannende Inhalte publiziert werden müssen, damit die Fans nicht wieder abspringen. Damit stehen wir wieder vor der Frage nach Zeit, Kosten und messbarem Erfolg…ich denke, Sie verstehen mich.

    Nichtsdestotrotz ist und bleibt Facebook ein wichtiges Instrument für Employer Branding, daher sollten Unternehmen früher oder später auf den Zug aufspringen. Natürlich sollte der Auftritt gut geplant und vorbereitet sein – man darf jedoch auch nicht vergessen, dass Social Media sehr schnelllebig ist, und manches auch nur „by doing gelearned“ werden kann 😉

  4. Meiner Meinung nach liegt die wirkliche Stärke von Facebook für das Recruiting im Social Graph, der die Beziehungen der Menschen untereinander technisch nutzbar macht.

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