Nachgefragt – saatkorn zur Social Media Personalmarketing Studie
Nachdem wir in der letzten Woche die TecDAX und MDAX Teilergebnisse zur Social Media Personalmarketing Studie von Gero Hesse und Prof. Christoph Beck veröffentlich haben, ergaben sich dazu sowohl bei unseren Lesern als auch bei uns einige Fragen. Anstatt nun irgendwelche Mutmaßungen anzustellen, haben wir es wie immer vorgezogen, direkt bei einem der beiden Verfasser, bei Gero Hesse, nachzufragen. Daher freuen Sie sich mit uns auf die Antworten des “saatkorn Bloggers” und machen Sie sich selbst ein Bild.
Worauf führst Du die derzeitige Zurückhaltung der TecDAX Unternehmen beim Einsatz von Social Media für Personalmarketing und Recruiting zurück? Ist dies wirklich nur eine Kulturfrage oder sind dies auch fehlende Budgets und mangelnde Kompetenzen bei den TecDAX Unternehmen?
saatkorn.: Ich glaube definitiv, dass es in erster Linie eine Kulturfrage ist. Warum sollten die TecDAX Unternehmen geringere Budgets als die MDAX Unternehmen haben? Die Frage nach mangelnder Kompetenz in den TecDAX Unternehmen ist auch interessant – sind diese Unternehmen zumindest doch vordergründig näher an neuen technologischen Entwicklungen dran als Unternehmen aus anderen Branchen.
Letztlich gibt es auf Basis einer empirischen Untersuchung natürlich keine definitive Erklärung für das „Warum“. Unsere Studie bildet den Status Quo ab, objektiv. Von daher sind wir hier im Bereich des Vermutens angekommen. Eigentlich müsste man nun eine Befragung der TecDAX Unternehmen anschließen. Mal sehen, das wäre wirklich interessant!
Von den MDAX Unternehmen landen Douglas und Continental im Top10-Gesamtranking. Was haben beide Unternehmen (schon) besser gemacht?
saatkorn.: Zunächst eine kurze Vorbemerkung zur Struktur unserer Studie, die man hier kostenlos downloaden kann:
Die Studie bezieht sich auf die Nutzung von Social Media für Personalmarketing und Recruiting. Dies bedeutet: wir haben uns nicht die Social Media Auftritte insgesamt angeschaut, sondern auf Basis eines sehr genauen Kriterienkataloges von über 60 Einzelkriterien in Bezug auf die Nutzung für Personalmarketing und Recruiting die einzelnen Auftritte der Unternehmen analysiert.
Und vor diesem Hintergrund sind Douglas und Continental bei den MDAX Unternehmen insgesamt führend. Dies bedeutet: in Einzelkategorien können natürlich auch andere Unternehmen besser abgeschnitten haben. Beispiel Krones AG, die in Bezug auf die Integration von Social Media auf der Karriere-Website mit Abstand führend im Vergleich zu allen anderen MDAX Unternehmen ist und bei YouTube einen deutlichen zweiten Platz belegt.
Aber: Douglas und Continental haben in Bezug auf den Einsatz von Social Media für Personalmarketing und Recruiting über alle Kategorien hinweg den besten Gesamtwert erzielt.
Überrascht hat mich die Platzierung und die „geringe“ Punktzahl der Krones AG. Insbesondere daher, da Krones für mich doch zu den Best Practice Beispielen bei der Nutzung von Social Media gehört. Und ich denke, nicht nur für mich. Wobei zu sagen ist, dass Krones das Personalmarketing auch stark in die Aktivitäten des Unternehmensmarketings integriert. Worauf führst Du daher den „gefühlten Unterschied“ in der Wahrnehmung der Krones Social Media Aktivitäten und der Platzierung im Ranking zurück?
saatkorn.: Die Erklärung habe ich gerade bereits gegeben. Krones ist mit Sicherheit eines der führenden Beispiele für den Einsatz von Social Media insgesamt. Auch in unserer Studie schneidet Krones ja durchaus sehr gut ab. Allerdings verfügt Krones im Hinblick auf Personalmarketing und Recruiting oft über keine differenzierte Ausgestaltung der Social Media Instrumente, so dass Krones im Gesamtranking in unserer Studie hinter Douglas, Continental und Fraport auftaucht, aber trotzdem in den Top 20 ist. Um genauer zu sein: zum Zeitpunkt der Untersuchung verfügte Krones über keinen spezifischen Karriere-Twitter Kanal und auch für Facebook gab es immenses Potenzial nach oben im Hinblick auf das Thema Karriere.
Schauen wir einmal speziell auf die Bewertung der Facebook Aktivitäten. Hier landen mit Douglas, Continental und Fraport wieder drei MDAX Unternehmen weit vorne. Welche Kriterien standen bei den Facebook Karrierefanpages in Eurer Studie im Fokus?
saatkorn: Folgende Kriterien wurden im Hinblick auf die facebook Karrierefanpages analyisiert:
1. Gibt es eine eigene Karriere-Fansite?
2. Wie viele Fans gibt es?
3. Wie hoch ist der Interaktionsgrad?
4. Gibt es eine Jobsuchfunktion?
5. Gibt es eine tell a friend Funktion in der Jobsuche?
6. Sind facebook Fanpage und Karriere-Website miteinander verlinkt?
7. Wie aktuell sind die Informationen?
8. Wie authentisch werden die Informationen wahrgenommen?
9. Wie emotional werden die Informationen wahrgenommen?
Diese Einzelkriterien wurden nach einem fest definierten Punkteschema bewertet, natürlich mit Ausnahme der letzten beiden Kriterien, wo es eher um subjektive Kriterien geht – was übrigens auch in der realen Welt so ist. Darüber hinaus flossen die 9 Einzelkriterien in unterschiedlicher Gewichtung in das Gesamtranking ein.
Ich bin davon überzeugt, dass jedes Ranking immer kritisiert werden kann, denke aber, dass Prof. Dr. Christoph Beck und ich uns wirklich viel Arbeit gemacht haben und eine sehr gute Plattform für eine möglichst objektive Bewertung geschaffen haben.
Bei der Einbindung von Social Media auf den Karrierewebseiten sind neun von zehn Top10-Unternehmen aus dem MDAX. Sind die DAX Unternehmen nicht so flexibel oder woran liegt es?
saatkorn.: Gute Frage. Ich glaube, dies ist definitiv so. Denn in den DAX Unternehmen wird alleine aufgrund der Größe vermutlich viel mehr Politik betrieben als in den teilweise deutlich kleineren und daher agileren MDAX Unternehmen.
Social Media Personalmarketing steckt immer noch in den Kinderschuhen. Wie lange denn noch? Was wird 2012 passieren (müssen)?
saatkorn.: Ich sehe das überhaupt nicht kritisch. Letzten Endes muss man sehen: Social Media ist viel, viel mehr als nur der Einsatz neuer technologischer Möglichkeiten. Durch Social Media ändern sich Machtstrukturen in Unternehmen, Social Media eröffnen viele Chancen, bergen aber auch Risiken. Wenn die Umwälzung wirklich so fundamental ist, wie viele von uns, mich eingeschlossen, glauben, dann kann der Wandel nicht von heute auf morgen passieren. Was oft in der ganzen Diskussion total vergessen wird: der Wandel betrifft ja einerseits die Unternehmen und dort sind viele Kollegen aus der Personalerzunft mit dem Thema ziemlich überfordert. Und andererseits betrifft der Wandel ja die Zielgruppe selbst. Die heutigen Absolventen kennen ja auch noch die Welt ohne Social Media und somit ist es für diese Zielgruppe natürlich auch noch neu, wenn Unternehmen über facebook oder twitter direkt in den Dialog gehen. Aber: das ist eine Zeitpunktbetrachtung. Schauen wir weiter nach vorne und betrachten die heute 15-19 Jährigen, so wird schnell klar: für die ist es eine Selbstverständlichkeit, wenn sich auch Arbeitgeber in den Social Media präsentieren. Und somit kommt der Wandel, ob man nun will oder nicht.
Nach der Erfindung des Autos gab es in den ersten paar Jahren schließlich auch noch viele Kutschen auf den Straßen zu sehen!
Von daher: immer locker und am Ball bleiben. Das Thema ist da und wird auch nicht wieder verschwinden.
Gero, ich danke Dir für das Interview und die vertiefenden Einblicke in die Kriterien der Studie. Dann lasst uns alle einmal weiter aufwärmen und “mögen die Spiele beginnen”.
Inspirierender Beitrag.Ich habe ein paar gute Gedankenanstoesse gekriegt. Freue mich schon auf neue Beiträge.