Like! Oder doch nicht mehr?

Kürzlich wurde von Karrierebibel und Yasni eine Umfrage zum Be- und Entfreundungs-Verhalten von Usern innerhalb sozialer Netzwerke durchgeführt, zu der es auch schon einen interessanten Artikel auf dem Karrierebibel-Blog gab. Unter anderem stellte sich dabei heraus, dass jeder fünfte bereits jemanden entfreundet hat. Was aber sind die häufigsten Gründe, jemanden aus seiner virtuellen Freundesliste zu streichen? Gibt es Unterschiede zwischen dem Entfreunden privater und beruflicher Kontakte?  Wie verhält man sich im Falle einer Verfehlung am besten, um nicht gleich ausgeschlossen zu werden? Das und mehr hat uns Jochen Mai, Ressorleiter und Social Media Manager bei der WirtschaftsWoche, in einem spannenden Interview verraten. Viel Spaß beim Lesen!

Wer hat an der online-Umfrage teilgenommen?

Es handelt sich dabei um eine online-gestützte Umfrage, die zum Teil per Email, zum Teil via Twitter, Facebook und Blogs bekannt gemacht wurde und an der eine zufällige Auswahl von 4.200 Onlinern teilgenommen hat.

In sozialen Netzwerken werden auch zunehmend Arbeitgeber zu „Freunden“. Gelten hier die gleichen Regeln für das Entfreunden wie bei Privatpersonen? Wo gibt es Unterschiede?

Hier gilt es zunächst zwischen dem tatsächlichen Arbeitgeber als Person und einer (Arbeitgeber-)Marke z.B. in Form einer Fanpage zu unterscheiden. Dabei stellt sich grundsätzlich erst einmal die Frage, ob man seinen Vorgesetzten überhaupt bei Facebook als „Freund“ haben möchte und somit Privat- und Berufsleben vermischt. Hat man seinen Chef bei Facebook als Freund hinzugefügt, lässt sich der freilich nicht einfach so wieder entfreunden. In diesem Fall gibt es also schon Unterschiede zu privaten und beruflichen virtuellen Freunden.

Bei (Arbeitgeber-)Marken in Form von Fanpages sieht die Sache anders aus. Hier gibt es kaum emotionale Bindungen oder Loyalitäten, auf die man Rücksicht nehmen müsste. Häufigster Grund eine solche Cyber-Beziehung zu beenden, ist falsche Kommunikation: Werden Fan-Fragen beantwortet? Werden sie schnell und kompetent beantwortet? Oder eher langsam und schlampig? Gerade Letzteres führt schnell zum Beziehungsabbruch. Aber auch zu viel Kommunikation kann zum Entfreunden führen: Ist das Unternehmen zu aufdringlich oder postet den lieben langen Tag belanglose Informationen – oder schlimmer: Werbung – wird es schnell zur Nervensäge und landet auf der Abschussliste.

Auch Bemerkungen, die politisch nicht korrekt oder anstößig sind, können dazu führen, dass man bei seinen Freunden/Followern in Ungnade fällt. Vor kurzem hat z.B. US-Modedesigner Kenneth Cole mit einem sehr unbedachten und geschmacklosen Tweet für Aufruhr gesorgt:

„Millionen sind in Aufruhr in #Kairo. Das Gerücht geht um, sie hörten, dass unsere neue Frühjahrskollektion online verfügbar ist.“

Zahlreiche erboste Tweets, ein massiver Verlust von Followern und ein Aufruf zum Boykott der Marke waren die Folge.

Was würden Sie einem Arbeitgeber empfehlen, der durch eine unbedachte Aktion in Ungnade gefallen ist?

Das kommt immer darauf an, was schief gelaufen ist. Geht es allgemein um eine anstößige Aussage ist es ratsam, sich zunächst öffentlich zu entschuldigen und die Aussage zurückzunehmen. Und das möglichst schnell. Eine ernst gemeinte Entschuldigung und das zur Schau stellen von ehrlicher Zerknirschung sind der erste Schritt. Anschließend sollte man begründen, warum bzw. wie es zu der Panne gekommen ist. Das sollte aber keinesfalls mit einer Rechtfertigung á la „Der Praktikant ist Schuld“ oder „Ich habe schlecht geschlafen“ verwechselt werden. Vielmehr sollte Verantwortung übernommen und Besserung gelobt werden. Nach der Erklärung ist es ratsam, wie es so schön heißt einfach mal „die Klappe zu halten“ und sich in Geduld zu üben. Es ist ein Irrtum zu glauben, man könnte einen „Shitstorm“ aufhalten. Tropenstürme müssen sich austoben – und danach beginnt man mit dem Wiederaufbau. Sollte es also zu einem virtuellen Donnerwetter kommen, muss man die Sache wohl oder übel aushalten und warten, bis sich die meisten wieder beruhigt haben. Je nach Schwere des Vergehens sollte sich der Schuldige ein paar Tage bis eine Woche zurückhalten und anschließend mit einem eher neutralen Beitrag wieder zur Normalität zurückkehren.

Sollte es indes sogar zu einer persönlichen Beleidigung gekommen sein, reicht eine öffentliche Entschuldigung allein aber nicht aus. Hier ist auf jeden Fall auch eine persönliche Entschuldigung bei der betroffenen Person nötig.

In welchem Netzwerk entfreundet man sich Ihrer Meinung nach am schnellsten?

Ich denke bei Twitter ist das „Entfreunden“ bzw. das Nicht-Mehr-Folgen am leichtesten. Die Beziehungsintensität ist hier nicht so stark ausgeprägt, da es sich bei Twitter nicht um ein soziales Netz im engeren Sinne handelt, sondern eher um einen lockeren Nachrichtenfluss. Auch die Kürze der Mitteilungen ist ein Grund, warum hier die Bindungen weniger intensiv sind als z.B. bei Facebook. Ich folge bei Twitter etwa 900 Personen, von denen ich nur wenige wirklich kenne. Diese Liste siebe ich regelmäßig aus. Profile die wider Erwarten uninteressant sind fallen raus, andere vielversprechendere kommen dazu. Als „Schallgrenze“ habe ich mir eine Anzahl von 1000 Followees gesetzt. Alles was darüber liegt, würde keinen Sinn machen. Das kann kein Mensch mehr lesen. Das Entfolgen passiert hier also schon aus Effizienzgründen und Selbstschutz.

Bei Facebook ist die Anzahl meiner Freunde geringer. Die Hemmschwelle, jemanden hier als Freund hinzuzufügen ist deutlich höher, da die Informationen auch privater sind. Meldungen von mir tauchen auf der Pinnwand von Freunden auf und umgekehrt. In meinem privaten Facebook-Profil (nicht auf der Fanpage!)  lasse ich daher nur Personen zu, die ich persönlich kenne. Das steht übrigens auch so in meinem Profil. Hier jemanden wieder zu entfreunden fällt damit automatisch schwerer.

Will man online mit jemandem befreundet sein, passiert das nicht ohne Benachrichtigung des gewünschten Freundes. Das Entfreunden geschieht dagegen meist unbemerkt. Glauben Sie, dass das auch in Zukunft so bleiben wird oder geht der Trend zu einer „unlike-“ oder „unfriend-“ Mitteilung?

Für Twitter gab und gibt es ja diverse Tools wie z.B. Quitter, die mich benachrichtigen, wenn ich von jemandem „entfolgt“ wurde. Auch bei anderen Netzwerken würde ich das für eine nützliche Erweiterung halten, allerdings müsste diese Funktion an- und abwählbar bleiben. Bei Twitter folgen und entfolgen mich beispielsweise rund 50 Personen am Tag. Die Bilanz ist meist positiv, aber würde ich jedes Mal eine Mitteilung darüber bekommen, würde das mein Postfach sprengen. Am Anfang war das Tool noch nützlich für mich, ab einer bestimmten Größenordnung aber wird es eher lästig. Von den 8300 Menschen, die mir folgen, bekomme ich das nur noch mit, wenn Sie mich retweeten oder direkt anmailen.

Was ich in diesem Zusammenhang daher viel wichtiger fände, ist eine Erklärung, warum man jemandem die virtuelle Freundschaft kündigt. Wenn ich eine persönliche Nachricht bekommen würde, warum mir jemand bei Twitter nicht mehr folgt, würde ich das interessanter finden, als die bloße Mitteilung, dass er mich entfolgt hat. Bisher ist das aber noch nicht passiert.

Haben Sie schon einmal jemanden entfreundet? Wenn ja, aus welchem Grund?

Ich habe bereits zwei Facebook-Freunde aus meiner Liste gestrichen. Grund dafür waren unangebrachte bis unverschämte Kommentare. Die betreffenden Personen habe ich allerdings zunächst vorgewarnt und gebeten, das Verhalten zu ändern. Weil sie das nicht konnten oder wollten, gehören sie nun nicht mehr meinem virtuellen Freundeskreis an. Ich sehe das aber als natürlichen Hygieneprozess. In mein Wohnzimmer lasse ich auch nicht jeden Lümmel.

Auch bei Xing habe ich kürzlich jemanden dekontaktiert. Die betreffende Person hatte mich zunächst um Rat gebeten, den ich auch gerne gegeben habe. Nur hat demjenigen der Rat wohl nicht gefallen. Die Reaktion darauf war zunächst unschön, dann frech und zum Schluss infantil-unverschämt. Ganz ehrlich: Für solche „Kontakte“ ist mir meine Zeit zu schade. Auch das ist etwas, was künftig zur Medienkompetenz dazu gehören wird: Solche „virtuellen Vampire“ frühzeitig zu erkennen und seine Freundeslisten entsprechen zu pflegen und gegebenenfalls zu bereinigen.

Comments
One Response to “Like! Oder doch nicht mehr?”
  1. Entfreunden, welch schönes Wort. Naja das ist halt wie immer, man kann nicht jedermanns Liebling sein muss man auch nicht.

    Vielfach gibt es ja auch Freunde, die sieht man monatlang nicht, das geht leider bei FB (noch) nicht! Das wäre evtl. eine Lösung.

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