Ist die Zukunft rosa? Erträumt sich die Generation Y Ihre Arbeitswelt von morgen?
Das Thema Umgang mit der Generation Y ist in aller Munde. Doch bleibt bei mir immer wieder der Eindruck hängen, dass sich die Generationen untereinander noch nicht so richtig verstehen (wollen) und daher der Umgang miteinander noch nicht so richtig gelingen mag. Heute versuche ich es daher mal wieder und stelle Ihnen einige Studienegebnisse der Hochschule Pforzheim zur Arbeitswelt von morgen vor. Hierzu habe ich Theresa Adlassnigg aus dem Projektteam gezielt befragt.
Sowohl die Studienergebnisse als auch die Antworten würden jetzt idealerweise in eine gemeinsame Diskussion der verschiedenen Generationen führen. Denn viele der Aspekte würden wir gerne alle nochmals kritisch aber auch positiv hinterfragen um so gemeinsam die Personalarbeit zu optimieren. Die Arbeitswelt der Zukunft wird bunter und spannender. Nehmen wir es an! Doch schauen Sie selbst.
Hintergrund der Studie:
Im Rahmen des MBA-Programms „Human Resources Management and Consulting“ hat sich ein Projektteam der Hochschule Pforzheim in Zusammenarbeit mit Herrn Prof. Dr. Stephan Fischer und der TDS HR SERVICE & SOLUTIONS GMBH – intensiv mit der Generation Y beschäftigt. Entstanden ist ein Workshop an der Hochschule Pforzheim mit ca. 50 Bachelor- und Masterstudenten aus den Fachrichtungen Technik, Wirtschaft & Recht sowie Gestaltung (hauptsächlich Personaler). Ziel war es, durch den Workshop herauszufinden welche Themen die Generation Y im Bezug auf ihre berufliche Zukunft beschäftigt, um im Anschluss diese Schwerpunkte bei einer größeren Stichprobe zu überprüfen.
Um den Studenten die Möglichkeit zu bieten, völlig frei an ihr gewähltes Thema heran zu gehen, hat sich das Projektteam beim Workshopdesign an der Open-Space-Philosophie orientiert. Die Studenten beschäftigten sich an diesem Tag vor allem mit Themen wie individualisierte Arbeitswelt, Internationalität, Vernetzung, Demographischer Wandel, aber auch die Kindererziehung standen im Zentrum der Teilnehmer.
Die Ergebnisse des Tages bildeten die Basis für einen Fragebogen, an welchem 400 Studenten (Jahrgänge 1984 bis 1994) aller Fachrichtungen der Hochschule Pforzheim teilnahmen. Aus den Resultaten der Umfrage lassen sich einige interessante Handlungsempfehlungen für Personaler ableiten:
· Den Mitarbeitern sollten individuelle Lösungen in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit, Karriereplanung usw. angeboten werden. Als besonders attraktiv gelten Vertrauensarbeitszeit, Sabbaticals und Auslandsaufenthalte.
· Stellenangebote sollten auf der Unternehmenshomepage und an Hochschulen/Universitäten publiziert werden. Die Bedeutung von Xing, Facebook, LinkedIn und Co. in der Arbeitswelt wurde von den Studenten nicht sehr hoch eingestuft.
· Aufbau einer frühzeitigen Bindung und eines persönlichen Kontaktes mit der Generation Y durch die Vergabe von Praktika und Diplomarbeiten. Das Zugehörigkeitsgefühl ist ausschlaggebend für die Wahl des zukünftigen Arbeitgebers.
· Der Generation Y die Möglichkeit bieten, Teamgefühl und eine ausgewogenen Work-Life-Balance zu erleben sowie individuelle Entfaltungsmöglichkeiten zu nutzen.
· Fokus auf das Individuum setzen und nicht auf die Fachrichtung. Der Unterschied bei den Ergebnissen zwischen den verschiedenen Studiengängen war minimal.
· Ausrichtung der Unternehmensphilosophie auf den Mitarbeiter und das Prinzip Nachhaltigkeit.
Zusammenfassend gesagt, ist die Individualität der Schlüssel zur Generation Y. Die Zukunft ist dementsprechend nicht rosa, sonder auf jeden Fall bunter!
Das Interview mit Theresa Adlassnigg (im Bild 3. von links):
Im Selbstbild sehen die Teilnehmer der Online-Befragung die Generation Y mit Begriffen wie „vernetzt“, „mobil“, „flexibel“ und „ständig erreichbar“ gut umrissen. Beschreiben Sie uns doch daraus einmal das Bild des "typischen Generation Y’ler".
Viele Eigenschaften werden der Generation Y nachgesagt: Sprachbegabt und selbstständig sollen sie sein. So sehen sie sich selbst jedoch gar nicht.
Wir haben rund 400 Studenten der Hochschule Pforzheim sowohl aus dem Bereich Wirtschaft als auch aus der Technik befragt. Aus diesem Grund sehen wir den „typischen“ Generation Y´ler als einen starken Networker, welcher den Austausch sucht und flexibel auf Neues reagiert. Die Generation Y ist mehr beständig, was sich auch in der Häufigkeit von Arbeitgeberwechsel ausdrücken wird. Wichtig ist hier jedoch vor allem das Zugehörigkeitsgefühl und nicht ein höheres Gehalt.
Meine Einschätzung ist ja, dass für die jungen Bewerberzielgruppen die Qualität der Kommunikation auf Facebook Karrierefanpages, Karriereblogs oder XING-Arbeitgeberauftritten bei weitem qualitativ noch nicht ausreichend genug ist. Warum denken Sie, möchten Absolventen bisher weniger über Facebook oder XING angesprochen werden? Und was müssen Arbeitgeber online besser machen?
Facebook hat bei der Befragung sehr schlecht abgeschnitten. Unserer Meinung nach, wünscht sich die Generation Y in diesem Punkt eine stärkere Trennung zwischen Privat- und Berufsleben. Wir sehen einen möglichen Hintergrund darin, dass Facebook von vielen Usern sehr intensiv privat genutzt wird und die Möglichkeit, bei nicht richtigem Umgang, sich bei potenziellen Arbeitgebern schlecht zu präsentieren, relativ hoch ist. Aus den Resultaten der Befragung lässt sich herauslesen, dass die Anfragen der Unternehmen über die Hochschulen als sehr bedeutend eingestuft werden. Auch die Unternehmenshomepage spielt eine wichtige Rolle.
Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass das Vertrauen bei bekannten und sicheren Kanälen wie Universitäten/Hochschulen und der Unternehmenshomepage als sehr attraktiv empfunden wird. Ein Anschreiben via XING wird als nicht so bedeutend bzw. seriös angesehen, wie ein persönlicher Kontakt mit den Unternehmen. Somit verhält sich die Generation Y konservativer, als wir erwartet hätten.
Bei den Auswahlkriterien der Absolventen spielt das Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen eine entscheidende Rolle. Wie können aus Ihrer Sicht Unternehmen dieses Gefühl der Zugehörigkeit insbesondere bei Neueinsteigern der Generation Y schnell und sicher aufbauen?
Es stimmt, dass der persönliche Kontakt und das daraus resultierende Zugehörigkeitsgefühl für die Generation Y bei der Auswahl des Arbeitgebers entscheidend ist. Ein Unternehmen kann dies z. B. durch die Vergabe von Praktika und Abschlussarbeiten erreichen. Um den Nutzen zu verstärken, empfehle ich, die Chance zu nutzen und Studenten schon in einem frühen Studiensemester im Unternehmen willkommen zu heißen. Dies erlaubt den Unternehmen den zukünftigen Mitarbeiter besser kennen zu lernen, ihm Wissen anzueignen, ihn frühzeitig an sich zu binden und gleichzeitig einen Multiplikator zu gewinnen. Es gibt keine bessere und wirksamere Werbung als persönliche Empfehlungen durch positiven Erfahrungen und Eindrücken. Hier sind vor allem die Führungskräfte gefragt. Der Kontakt sollte nicht nur über die Personalabteilung laufen, sondern vor allem über sie. Sprich, sie halten den regelmäßigen Kontakt zu den Praktikanten und stehen ihnen mit Rat und Tat zur Seite.
Auch die persönliche Ansprache der Generation Y auf Fachmessen kann ich den Unternehmen nur empfehlen. Hierbei sollte darauf geachtet werden, dass sich die Unternehmensvertreter für die Interessierten Zeit nehmen und auf die Fragen und Bedenken von ihnen eingehen.
Kriterien, wie Arbeitszeit, Arbeitsort, Karriereplanung und Arbeitsplatzgestaltung, werden von den Teilnehmern als sehr wichtig empfunden. Wie könnte daher der "ideale Mix" für den Traumarbeitsplatz der Generation Y aussehen?
Den idealen Mix für den Traumarbeitsplatz gibt es nur, wenn dieser lauet: Arbeite wie, wo und wann du möchtest. Individualität ist der Schlüssel zur Generation Y und die Unternehmen sollten ihnen ermöglichen ihren Arbeitsplatz – so weit es der Job zulässt – individuell zu gestalten. Besonders im Bereich Arbeitszeit wünschen sich die Studierenden flexible Lösungen. Eine Möglichkeit wäre an dieser Stelle Vertrauensarbeitszeit und Sabbaticals zu ermöglichen.
Bei der Befragung stellte sich heraus, dass der Generation Y der persönliche Kontakt zu Kollegen, das Teamgefühl und die Möglichkeit sich mit den Kollegen und Vorgesetzten auszutauschen viel wichtiger als ein Arbeitsplatz vor Ort in einem Unternehmen ist. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass bei den Studierenden die Freude an der Arbeit sowie eine gute Work Life Balance eine entscheidende Rolle beim Traumarbeitsplatz spielt.
Ihr Fazit nach der Befragung lautet: "Individualität ist der Schlüssel zur Generation Y". Ich höre (leider) jetzt schon die ersten Personaler aufstöhnen, dass dies noch mehr Arbeit bedeuten würde. Wie begegnen Sie den Skeptikern? Und wie viel Individualität können Arbeitgeber den einzelnen Mitarbeitern aller Generationen überhaupt anbieten?
Arbeitgeber und vor allem Personaler sollten nicht die Arbeit sondern die Bereicherungen durch die Generation Y sehen. Eine Möglichkeit näher auf die Generation Y einzugehen ist ein Schritt in Richtung mehr Selbstverantwortung der Mitarbeiter zu machen. Die Unternehmer gewinnen so selbstbewusste Mitarbeiter mit kreativen Lösungen. Ganz klar, dies bedeutet mehr Arbeit, aber ein Unternehmen kann nur mit der Generation Y wachsen.
Wie viel Individualität der Arbeitgeber bieten kann hängt sehr stark von der Art der Tätigkeit ab. Es gibt genügend Möglichkeiten wie beispielsweise Vertrauensarbeitszeit, Home Office und Auslandsaufenthalte. Oft sind es nicht die großen Veränderungen, welche die Generation Y fordert. Manchmal reicht „schon“ einen Vorgesetzter, der auf sie eingeht und sie fördert.
Der erste große Schritt sollte sein, zu verstehen, dass nicht alle Mitglieder der Generation Y gleich behandelt werden wollen.
Und wird die Zukunft wirklich rosa?
Die Zukunft wird nicht rosa, sondern bunt sein. Die Generation Y kann nicht in einer Farbe, als eine Einheit, mit denselben Bedürfnissen und Wünschen betrachtet werden. Jeder Einzelne möchte als Individuum angesehen werden.
Noch eine Frage zum Schluß zu Ihnen. Was machen Sie derzeit aktuell und wie individuell können Sie Ihren eigenen Arbeitsplatz gestalten?
Ich bin derzeit bei OMICRON electronics GmbH in Österreich für eine der beiden Business Units für das Recruiting und die Führungskräfteentwicklung zuständig. Ich werde sehr stark in meinen Fähigkeiten gefördert und kann mich aktiv in Themen, welche mich besonders ansprechen, einbringen. Der genaue Aufgabenbereich ergibt sich nicht aus Richtlinien von Oben, sondern aus der Interaktion und den Bedürfnissen der Führungskräfte und Mitarbeitenden. Es gibt keine Kernarbeitszeiten, auch hier entscheiden ich und meine Kunden (Führungskräfte, Mitarbeiter, Bewerber usw.), wann ich arbeite. Das weiß ich, als Teil der Generation Y, sehr zu schätzen und dies beeinflusst meine Freude an der Arbeit maßgeblich.
Danke für den tollen Artikel. Ich beschäftige mich seit einiger Zeit auch mit dem Thema…den Ansatz mit der zunehmenden Individualität finde ich sehr interessant. Auf einer anderen Seite (http://www.christoph-teege.de/interview-mit-peer-bieber-recruiting-experte-autor-und-referent/) habe ich ein weiteres Interview zur Generation Y gesehen, fand ich auch gut.
Mit Hrn. Fischer neulich im kleinen Kreis beim FAZ HR Round table die Studie diskutiert. Ich wünsche mir definitiv mehr solcher Charaktere vom Typ Fischer in der Hochschullandschaft! Wiewohl ich skeptisch bin, ob sich die Wünsche der GY mfr. materialisieren werden. Auch lesens- oder zuhörenswert: die Studien vom Kollegen Steffen Laick (E&Y).
Ja, dies finden wir auch schade. Daher hatte es auch länger als erwartet gedauert. Doch wir haben leider keine besseren Grafiken bekommen.
Interessante Erkenntnisse, auch wenn leider in einzelnen Grafiken teilweise der Textbezug abgeschnitten und damit nicht mehr zuordenbar ist. 😉