Das Werben um Bewerber – Gastkommentar in der Internet World
Unser folgender Gastkommentar ist am 31. August 2009 in der Ausgabe 18/09 der Internet World erschienen:
Viele Internet-Unternehmen glauben, sie wären im Netz bekannt und müssten sich daher nicht mehr um Bewerber kümmern, weil die sich bei Bedarf schon von alleine bei ihnen melden. Tatsächlich mag die Bekanntheit User auf ein Portal, in eine Community oder gar auf die Unternehmensseiten ziehen. Aber ob sich die bekannten Namen im Internet ihren Besuchern auch als Arbeitgeber empfehlen, ist mehr als fraglich. Die Tatsache, dass das eigene Internetangebot viele User erreicht, muss nicht zwangsläufig bedeuten, dass der Anbieter bei Kandidaten als attraktiver Arbeitgeber gilt. Unterhalte ich mich mit Onlöineunternehmern, höre ich oft, dass sie Mitarbeiter aus dem Freundeskreis rekrutieren. Sie setzen lieber auf Mundpropaganda im eigenen Umfeld, weil virale Effekte im Marketing ja auch Erfolg versprechen. Für kleinste Unternehmen mag dies gelten, ab einer Größe von 20 bis 30 Mitarbeitern sollten Unternehmen für die Suche nach Bewerbern ihren Blick über den persönlichen, regionalen und branchenspezifischen Tellerrand erweitern. Sie laufen sonst Gefahr, im Wettbewerb andere, unbekanntere Positionen zu vernachlässigen, die nur Fremde in ein Unternehmen einbringen.
Stellenanzeigen reichen nicht
Erstaunlicherweise schalten viele Firmen der Onlinebranche immer noch ausschließlich Stellenanzeigen in Printmedien oder Jobbörsen. Das reicht aber schon lange nicht mehr aus. Gute Kandidaten reagieren auf Anzeigen nicht. Sie kennen ihren Marktwert und wollen von Unternehmen oder Beratern gefunden werden. Wechseln sie ihre Stelle, gehen sie deutlich differenzierter vor als sich das Personalverantwortliche nach meiner Beobachtung vorstellen. Sie belassen es sicher nicht mehr beim Durchforsten der Angebote in Jobbörsen. Dort suchen lediglich Absolventen oder Berufseinsteiger noch nach einer Stelle. Um die erfahrenen Fachkräfte hingegen müssen sich die Unternehmen bemühen. Gerade dann, wenn das Unternehmen in dieser Bewerbergruppe nicht ausreichend bekannt ist und als Anbieter von Herausforderungen oder interessanten Aufgaben gilt. Ob groß oder klein – wollen sich Unternehmen nicht um Kandidaten bemühen, müssen sie sich auch als attraktiver Arbeitgeber bekannt machen. Und dies am besten im Internet und mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten.
Gerade mittelständische Unternehmen, von denen es in der Onlinebranche viele gibt, schrecken vor Personalmarketing zurück. Es ist ihnen schlicht zu teuer; viele Gründer und Geschäftsführer, meinen, dass Employer Branding ausschließlich in Konzernen ein Thema sei. Das Gegenteil ist der Fall: Konzerne sind auch als Arbeitgeber bekannt, weil häufiger in den Medien und auch in Arbeitgeberbewertungen über sie berichtet wird. Beim Personalmarketing entscheidet außerdem nicht das Budget über die Möglichkeiten, sondern die Kreativität und Offenheit der Personalverantwortlichen und der Geschäftsführung. Ist das Unternehmen zu klein für aufwändige Kampagnen, sollte es Zeit investieren und über innovative Strategien nachdenken: Social Media bietet auch fürs Personalmarketing günstigere Alternativen.
Social Media fürs Arbeitgeberimage
Mit Kampagnen in Sozialen Netzwerken können auch kleine und junge Unternehmen frühzeitig Online-Reputation aufbauen. Mit einer geschickten Kommunikationsstrategie und der gezielten Nutzung von sozialen Netzwerken formen Firmen ihr Image. Ziel muss dabei sein, ein möglichst authentisches Bild zu zeichnen.
Wirkungsvoller als Hochglanzmodels auf der Homepage zu präsentieren und diesen leere Marketinghülsen in den Mund zu legen, ist es sicher, Mitarbeiter selbst zu Wort kommen zu lassen. Ob diese nun twittern, bei Facebook berichten oder für den firmeneigenen Karriere-Blog schreiben, ist dabei nebensächlich. Wichtiger ist, dass Unternehmen über diese Kanäle nahbar für potenzielle Bewerber werden. Und noch wichtiger ist dabei der direkte Kontakt, der entstehen kann. Denn bei einer gelungenen Social Media-Strategie sollten die bloggenden, twitternden und berichtenden Mitarbeiter auch direkt ansprechbar sein für Kandidaten. Dann klappt das auch mit den Bewerbungen.
Dies ist aus Ihrer persönlichen Sicht bestimmt richtig. Doch wir betrachten dies aus der ganzheitlichen Sicht vom Hochschulabsolventen bis zur Geschäftsleitung. Es sind viele Bewerber auf dem derzeitigen Markt zu haben. Doch wenn Unternehmen die einzelnen Positionen mit Kandidaten mit einer entsprechenden Erfahrung und passenden Fachkompetenzen besetzen will, kommen Sie um ein auf die Zielgruppe angepasstes Personalmarketing nicht herum.
Es fehlen sowohl passende Kandidaten als auch passende Positionen derzeit im Markt!
Lutz Altmann
Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen: Die Unternehmen werden seit Beginn der Krise mit Bewerbungen geradezu überschüttet – egal was sie tun.
Ich selbst bin High Potential und war trotz top Noten und Arbeitszeugnissen über 7 Monate vergeblich auf Stellensuche (über 200 Bewerbungen!!!). Bei den Gesprächen stellte sich immer wieder heraus, dass es ein Überfluss an top Bewerbern gibt. Selbst bei Startups mit 10-15 Leuten kamen mehrere 100 Bewerbungen rein (eigene Aussage des GFs). Auch mehrere Personalberater haben mir im persönlichen Gespräch bestätigt, dass Sie in Ihrer Karriere noch nie so eine unheimlich hohe Anzahl an top Bewerbern hatten. In Deutschland gibt es keinen Mangel an top Bewerbern, sondern einen Mangel an „richtigen“ Arbeitsplätzen!