Authentische Employer Brand – Transparenz als Branding Instrument?

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Joachim Diercks ist Geschäftsführer der CYQUEST GmbH. Unter dem Oberbegriff Recrutainment entwickelt CYQUEST Lösungen aus den Bereichen eAssessment, SelfAssessment, Online-Employer Branding und E-Recruiting, die häufig in einen unterhaltsamen bzw. spielerisch-simulativen Kontext eingebunden sind. Diercks ist Autor einer Reihe von Fachartikeln zu verschiedenen eRecruiting-Themen sowie regelmäßiger Referent bei Fachkongressen


Der Begriff “Authentizität” geht zwar nicht jedem ohne Probleme über die Lippen, fehlt aber dennoch quasi in keinem Beitrag, den man in der Personalmarketing-Szene momentan lesen oder hören kann. Die Studie „Transparenz von Unternehmen“ der Johannes-Gutenberg-Uni Mainz kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass „Transparenz des Unternehmens“ für Bewerber ein wichtiger Faktor bei der Wahl des Arbeitgebers ist, wichtiger etwa als die geografische Lage des Unternehmens oder dessen Größe. Auch waren dort 72% der Befragten der Ansicht, dass Transparenz auf lange Sicht eine immer größere Bedeutung erlangen wird.

Quelle: Transparenz von Unternehmen, ein Forschungsprojekt des Instituts für Sozialwissenschaft, Medien und Sport der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

Handelt es sich bei Authentizität und Transparenz um Buzzwords, die zwar momentan en vogue sind, aber auch schnell wieder verschwinden oder steckt mehr hinter der Forderung zur authentischen Kommunikation?

Nach Vogel-Strauß-Manier zu hoffen, dass das schon irgendwie vorbei geht, ist aus meiner Sicht naiv, möglicherweise sogar riskant. Warum? Zwei starke Trends bestimmen in zunehmendem Maße Recruiting, Personalmarketing und Employer Branding. Beide werden sicher nicht einfach wieder „vorüber gehen“ und beide sind für den immer lauter werden Ruf nach Ehrlichkeit verantwortlich.

Erstens der demografische Wandel und zweitens der Siegeszug des Social Media.

Erstens: Der demografische Wandel: Die Zahl der Menschen in Deutschland im arbeitsfähigen Alter wird sich laut IAB bis 2025 um satte sieben (!) Millionen reduzieren –Rente mit 67, zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen und positives Zuwanderungssaldo schon einberechnet. Ausbildungsbetrieben und Hochschulen steht in zehn Jahren ein um satte 20% verkleinertes Potential an „möglichen“ Azubis und Studierenden zur Verfügung, konkret ca. 360.000 Menschen weniger. Weniger verfügbares Potential wird – neben Ausweicheffekten wie weniger humankapitalintensive Fertigungsmethoden und Prozessen – vor allem zu einem steigenden Wettbewerb um eben dieses führen. Steigender Wettbewerb heißt wiederum auch steigende Preise. Den „guten“ Mitarbeitern oder Kandidaten muss mehr geboten werden. Dieses „Mehr“ kann monetärer wie nicht-monetärer Art sein, es geht also nicht immer nur um höhere Einkommen, sondern vielleicht auch um eine verbesserte Work-Life-Balance o.ä. Ich glaube es wird so kommen, dass sich die meisten Betriebe und Hochschulen bei den Kandidaten bewerben müssen, nicht umgekehrt. Der beruflichen Tätigkeit bei einem Unternehmen wird zunehmend der Charakter einer Beziehung zukommen und dem Employer Branding entsprechend die Aufgabe der der Beziehungsanbahnung und -pflege. “Gute” Beziehungen verlangen aber erfordern ein gehöriges Maß an Authentizität – sonst kommen sie über den Status des „One-irgendwas-Stands“ kaum hinaus.

Zweitens: Social Media. Im Social Web hat jeder eine Stimme und die Neigung diese auch zu benutzen ist hoch. Während man seine Meinung früher im kleinen Kreis geäußert hat, tut man dies nun auf Plattformen wie Facebook, Twitter oder – konkret auf Jobs und Arbeitgeber bezogen – kununu. Da kann nicht nur jeder mitmachen, sondern es kann auch jeder sehen. Und: Nicht nur für den Moment, sondern bis das Internet vergisst und das kann dauern… Geleckte Hochglanzkommunikation der Unternehmen wird in diesem Umfeld nicht mehr funktionieren. Wenn sich in Unternehmensbewertungen auf einem entsprechenden Bewertungsportal die Aussage häuft, dass es bei diesem Unternehmen mit der Work-Life-Balance nicht zum Besten steht, dann wirkt es enorm unglaubwürdig, wenn das gleiche Unternehmen von eben dieser schwärmt als sei nichts gewesen. Das heißt nicht, dass „der User“ im Social Web immer Recht haben muss, aber es heißt dass das Unternehmen dezidiert und dialogisch auf diese Ansichten eingehen und reagieren muss. Unternehmen, die vorgeben, in allen Dimensionen die Schönsten, Besten und Größten zu sein, wirken nicht glaubwürdig, weil solch ein Schlaraffenland per se unglaubwürdig ist und – fast noch wichtiger – diese Unglaubwürdigkeit im Social Web sofort als solche entlarvt und entsprechend angeprangert wird. Wer als Unternehmen hingegen „bei der Wahrheit bleibt“ hat sehr gute Argumente auch nicht unglaubwürdig zu erscheinen. Der ungeschminkte – zuweilen  schonungslose – Dialog im Social Web wird den Prozess hin zur authentischen Kommunikation nur beschleunigen.

Doch was heißt eigentlich “authentisch”? Ist das immer die vielzitierte „wackelige“ Kamera im Unternehmensvideo? Nun authentisch ist, was „als echt wahrgenommen wird, weil Gesprächspartner, Leser, Hörer oder Zuschauer es mit einer Botschaft in Verbindung bringen können.“ (hier einen herzlichen Dank an Manfred Böcker (“Das große Simsalabim”) für die schöne Definition).

Dass das im Unternehmen nicht immer konfliktfrei verläuft ist völlig klar. Dass es in großen Organisationen nur eine „Wahrheit“ gibt, an die es sich zu halten gilt, natürlich illusorisch. Personal sieht es so, Marketing ein wenig anders und die Unternehmenskommunikation als “Gralshüterin” der Unternehmenswahrheit vielleicht nochmal anders. Und auch andere Abteilungen und externe Stakeholder wie Kunden, Lieferanten oder – speziell auf unseren Fall bezogen – potentielle Bewerber haben ihre Meinungen und Ansichten. Und diese finden sich alle im Social Web wieder. Doch wie bei jedem Markenbildungsprozess kommt es darauf an, aus dieser Vielstimmigkeit das Gemeinsame, den Kern zu identifizieren. Den aus unterschiedlichen Ansichten bestehenden Konflikt gilt es dialogisch auszufechten, um konsistenten Antworten auf die Fragen zu bekommen, wer “wir eigentlich sind und “wofür wir eigentlich stehen”.

Gelingt dies, kann auch authentisch kommuniziert werden. Ja, das ist dann auch gar nicht mehr so schwer, man muss ja “nur” noch die Realität abbilden. Diese “Realität” wird automatisch die “Richtigen” oder besser “Passenden” erreichen und motivieren und – oft ebenso wichtig – die “Falschen” oder “Unpassenden” abschrecken. Gute und starke Marken sind eben nicht “Everybody´s Darling”, sondern “the right one´s Darling” – wie in einer guten Beziehung. Wenn also – um das Beispiel von eben nochmal aufzugreifen – die Work-Life-Balance im Unternehmen keine überragende Bedeutung hat, dann sollte man auch das auch so sagen. Kandidaten, die hierauf auch nicht so viel Wert legen, wird das auch nicht abschrecken… Authentische Kommunikation folgt immer der authentischen Marke, nicht umgekehrt. Die wackelige Kamera im Unternehmensvideo ist also nicht per se “authentisch”, sie ist es dann, wenn das was gezeigt wird glaubwürdig und “echt” ist.

Ich freue mich, wenn Ihr auf die CYQUEST Präsenz bei Facebook kommt und – ganz im Sinne der Authentizität – fleißig kommentiert.

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