Interview mit Ann-Carolin Helmreich von Absolventa
Ann-Carolin Helmreich studierte Germanistik und Pädagogik in Heidelberg und startete dann in Berlin beim Social Media-Riesen studiVZ. Dort entwarf sie Employer Branding Kampagnen für Top Dax 30 Unternehmen und entdeckte ihre Vorliebe für diese Themen. Nach der Gründung einer kleinen Beratungsfirma mit ihrem Kollegen Sascha Kubak wechselte sie zu Absolventa, der Jobbörse für Studenten, Absolventen und Young Professionals. Dort leitet Sie den Bereich Absolventa Services, der für maßgeschneiderte Servicelösungen im Recruitment und Employer Branding steht
Frau Helmreich, Absolventa ist sehr aktiv im Bereich Social Media Networking. Wie kam es zur Idee die "Twitter meets HR“ –Veranstaltung ins Leben zu rufen?
Im Rahmen meiner Arbeit habe ich mir viele Gedanken darüber gemacht, wie man Personaler und Social Media besser zusammenbringen kann. Welche Kommunikationswerkzeuge wären ausbaubar und geeignet? Anfangs habe ich Twitter ehrlich gesagt für ein überschätztes Tool gehalten. Da ich aber ein großer Fan von Social Media Anwendungen bin, habe ich privat zu twittern begonnen und schnell gemerkt, dass das eine spannende Sache ist. Im Gespräch mit einigen Personalverantwortlichen haben wir gemerkt, dass das Thema größtenteils interessant erscheint, aber kein wirkliches Wissen vorhanden ist, wie man Twitter nutzt und ob es überhaupt sinnvoll ist, in dieses Medium einzusteigen. Also haben wir kurzerhand hochkarätige Unternehmen mit denen wir im engen Austausch stehen zusammengetrommelt und in Hamburg bei einem Abendessen den Grundstein für „Twitter meets HR“ gelegt. Am ersten Abend waren unter anderem Google, Tchibo, Otto und die Deutsche Bahn dabei. Jetzt haben wir Veranstaltungen in ganz Deutschland geplant – der lockere Austausch auf „Du und Du“ kommt gut an.
Auch wir sind aktiv in diesem Bereich und freuen uns auf unser "Human Resources & Social Media Meeting" in Kooperation mit Ihnen. Plant Absolventa davon abgesehen weitere Events in diesem Bereich?
Aber sicher doch. Wann immer ein spannendes Thema am Horizont auftaucht und Personaler sich darüber austauschen möchten, kann ich mir gut vorstellen das aufzugreifen und neue Veranstaltungen ins Leben zu rufen. Der Vorteil bei unserer Veranstaltung „Twitter meets HR“ ist meiner Meinung nach die Verbindung von Wissensaustausch über die Wirkung von Twitter, Themendiskussionen und Networking. Wir legen viel Wert darauf, dass diese Treffen in einer persönlichen Atmosphäre stattfinden und kein klassisches Seminar oder eine Vortragsreihe angeboten wird. Es gibt ja recht viele Unternehmen die mit solchen Veranstaltungen Geld verdienen – wir haben uns bewusst dagegen entschieden und wollen uns den besonderen Charme der Veranstaltung bewahren.
Auf die Kooperationsveranstaltung „Human Resources & Social Media“ zur Messe „Zukunft Personal“ in Köln freue ich mich auch besonders, denn Twitter ist ja nur ein kleiner Ausschnitt der Möglichkeiten, die es in diesem Feld gibt. Um ein – wie ich ihn genannt habe -„Personaler 2.0“ zu werden, also ein Personaler, der sich im Social Media Umfeld auskennt und diese Tools gewinnbringend im Recruitment einsetzt, bedarf es ja mehr als nur Twitter. Insgesamt glaube ich, dass aus dem harten Kern der „Twitter meets HR“ Runde mittelfristig ein funktionierender Arbeitskreis zu allen Social Media Themen wird.
Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den HR-Bereich im Zeitalter von Social Media? Welche Veränderungen bringt das Web 2.0 für das Recruitment mit sich?
Da ist einerseits die rasante Entwicklung im Web2.0 – nicht jedes Unternehmen kann so schnell Schritt halten und muss interne Hürden überwinden um überhaupt in diesem Feld aktiv zu werden. Hier muss sich ein neues Rollenverständnis durchsetzten, denn wer zum Beispiel twittert, aber vor jedem Tweet à 140 Zeichen erst die Unternehmenskommunikation fragen muss, der kann das nicht optimal für sich nutzen. Hier müssen neue Richtlinien entstehen, wenn Personaler Social Media Tools effektiv und erfolgreich nutzen wollen.
Eine weitere Herausforderung ist der direkte Umgang mit der Zielgruppe. Im Gegensatz zu Imagewerbung muss man sich im Web2.0 Umfeld aktiv mit Kritik am eigenen Unternehmen auseinandersetzen. Sei es ein Kommentar auf Facebook oder eine Arbeitgeberbewertung auf kununu. Hier würde ich mir wünschen, dass immer mehr Personaler verstehen, dass diese sich selbst entfaltende kostenfreie „Werbung“ ums Unternehmen eine große Chance in der Eigendarstellung bietet, wenn man sie aktiv und smart zu steuern weiß und wie selbstverständlich die daraus entstehenden Chancen für das eigene Recruiting nutzt. Wir brauchen also schnell neue Personaler 2.0 denn diese werden es verstehen die gebotenen Tools anzuwenden und die eigene Firma im „war for talents“ bedeutend attraktiver zu machen. Die Veränderungen durch das Web2.0, also im weitesten Sinne des „Mitmach-Webs“, liegen auf der Hand. Personalverantwortliche vor der Internetzeit haben eine Anzeige in einer großen Zeitung platziert und gewartet bis die Bewerbungen eintrafen. Das scheint jetzt auf den ersten Blick bequemer zu sein, ist es aber nicht. Denn heute kann ich als Personaler selbst aktiv werden und meine Zielgruppe ansprechen. Sei es durch Facebook, Twitter, einen Poken oder in einer Lebenslaufdatenbank wie der unseren. Doch das birgt eine gewisse Emanzipation, die nicht jeder sofort machen möchte. Viele Personaler haben noch nicht den Mut, aktiv auf ihre Zielgruppe zuzugehen und sie dort abzuholen, wo ihr tägliches Leben stattfindet. Doch das ändert sich gerade – zum Glück!
Was sind die Ihrer Meinung nach drei wichtige Punkte für Recruiter im Umgang mit Social Media?
Zunächst mal eine gute Strategie in diesem Umfeld die auf die eigenen Unternehmensprozesse abgestimmt ist. Zusammen mit meinem Kollegen mache ich lockere Workshops bei interessierten Unternehmen. Dann nehmen wir gemeinsam die wichtigsten Tools und Plattformen genau unter die Lupe für eine erste Bestandsaufnahme. Sobald es in die Umsetzung geht finde ich persönlich Authentizität sehr wichtig. Firmen, die sich im Internet schon authentisch darstellen, kommen meiner Erfahrung nach bei Kandidaten am besten an. Zu guter Letzt ist es schlichtweg Mut. Dinge auszuprobieren und ausgetrampelte Pfade zu verlassen. Das erfordert nicht nur Zeit, sondern eben auch Mut. Ich bin froh, dass es hier schon einige Recruiter und Personalmarketingverantwortliche gibt, die mit positivem Beispiel voran gehen und wirklich tolle Kampagnen machen, in denen Social Media auch mit realen Begegnungen, wie beispielsweise auf einer Jobmesse, verbunden wird. Diese Beispiele vermitteln wir und setzen sie für die interessierten Unternehmen in einer eigenständigen passenden Weise um. Ich denke, dass Veranstaltungen wie „Twitter meets HR“ und „Human Resources & Social Media Meeting“ dazu beitragen werden, in Zukunft mehr und mehr Personaler 2.0 in Deutschland zu bekommen. Vielleicht sehen wir hier den Anfang eines neuen und vielversprechenden Trends.
Guten Tag Frau Helmreich,
wir haben die gleiche Erfahrung bei der Nutzung von Wissensdatenbanken gemacht.
http://www.westaflex-forum.de/warum-in-vielen-unternehmen-effektives-wissensmanagement-nicht-funktioniert/
Und „brechen das Eis“ sicherlich in der Organisation eines BarCamps in der Region, das speziell auf die Bedürfnisse von mittelständischen Familienunternehmen in OWL Rücksicht/Hilfestellung nehmen wird.
Vielleicht auch eine Idee/Ansatz zur (langsamen) Web2.0 Durchdringung in den Firmen, die häufig nur B2B aber ohne Endkunden-Kontakt aufgestellt sind.
Gruss,
JWD