Social Recruiting – Wunsch oder Wirklichkeit

Die aktuelle Sonderauswertung “Social Media Recruiting” als Bestandteil der Studie “Quo Vadis Recruitment 2011” vom Institute for Competitive Recruiting (ICR) nehme ich heute einmal zum Anlass einige Aspekte zum Recruiting im Social Web (positiv) kritisch zu betrachten. Wo steht Social Recruiting heute? Was ist (noch) Wunsch und was schon Wirklichkeit?

Wolfgang Brickwedde, Gründer und Director des ICR, hat im Rahmen seiner Gesamtstudie überprüft, ob und wie sich Social Media vom Challenger zu einem etablierten Recruiting-Kanal entwickeln konnte. Ich greife nur ein paar wenige Aspekte der Zusammenfassung hier und jetzt heraus und möchte Sie ansonsten auf die Ergebnisse der Studie verweisen.

 

Top Mover

 

Die Bedeutung von Social Media Recruiting hat bei den 334 teilgenommenen Personalverantwortlichen in Deutschland zugenommen. Der Trend wird also bestätigt. Die einzelnen Unterschiede der Top-Mover-Themen sind manchmal schwer bis gar nicht voneinander zu trennen. Social Recruiting hängt auch immer mit den Themen Recruiting von Berufserfahrenen (oder bekomme ich im Social Web nur Unerfahrene?), Personalaufbau und Professionalisierung des Recruitments eng zusammen. Ja selbst die Themen Arbeitgeberimage und Employer Branding stehen im engen Kontext zum Social Recruiting. Eine gelungene Abgrenzung von Recruiting, Personalmarketing und Employer Branding ist beim Queb nachzulesen.

Jetzt wissen wir schon einmal, dass Social Recruiting Top-Mover ist. Was ist es noch?

 

Top Themen

 

Top-Mover JA, Top-Thema NEIN. Social Media Recruiting liegt in etwa im (hellblauen) Mittelfeld. Da in der Studie herauskam, dass Themen wie Mobile und Social Recruiting den Unternehmen Sorgen für die Zukunft bereiten werden, gilt es abzuwarten wie und ob sich diese Wahrnehmung ändern wird.

Top Themen Aufstellung

 

Jetzt möchte ich noch einmal kurz innehalten und die genaue Abgrenzung von Social Media Recruiting betrachten. Was ist damit  eigentlich gemeint?

Wunsch und Wirklichkeit in Sachen Social Media Recruiting

In der Management-Zusammenfassung heißt es “Die überwältigende Mehrheit der Unternehmen hält es für wichtig, dass die Recruiter die Möglichkeiten des Social Media Recruiting kennen und nutzen, die Minderheit hat diesen Anspruch allerdings im eigenen Unternehmen schon umgesetzt. Im Vergleich zur Vorjahresstudie ist ein deutlicher Anstieg der Proaktivität zu erkennen. Es tut sich was.”

Da bin ich dabei. Doch des Öfteren frage ich mich auch, wissen wirklich alle “Personaler” wovon hier wirklich die Rede ist. In verschiedenen Gesprächen höre ich eher, ich mache noch gar nichts bei XING geschweige denn in anderen Social Networks. Die Frage geht sogar bis dahin, ob man sich dann dort auch anmelden muss um damit zu arbeiten. Oder nehmen letztendlich nur die an der Befragung teil, die dies auch wirklich beantworten können. Andersherum hoffe ich auf jeden Fall nicht. 😉

Nutzung von Social Media Platformen

Für den Part Recruiting kommt die Studie zu dem Fazit:

”Auch hier zeigt ein Blick auf die absolute Nutzung, dass ca. 50% aller Unternehmen Facebook, Twitter, LinkedIn, Blogs und Google überhaupt nicht nutzen. Selbst Xing wird von 10 % der Firmen für diesen Zweck gar nicht genutzt.
Und der Hype bei Facebook? Nur etwas über 4 % der Unternehmen geben an, regelmäßig Facebook zu nutzen, um Bewerber zu finden.”

 

Nutzung SM Platformen relativ

 

Ergänzung: 1= trifft gar nicht zu bis 5 = trifft immer zu

Hier würde ich jetzt doch gerne einmal bei den “Befragten” konkreter nachhaken. Wie nutzen diese Unternehmen denn heute schon Twitter, Blogs oder Facebook zum Recruiting? Was passiert denn überhaupt auf den Social Networks? Bewirbt sich dort eine Person ganz konkret direkt bei einem Unternehmen mit einem nachvollziehbaren (getrackten) Mausklick?

Sehr wahrscheinlich nein! Ich kann über einen Blog oder über eine Facebook Karrierefanpage einen direkteren Kontakt als Bewerber zu einem Vertreter des Unternehmens und andersherum aufbauen. Ja, auch bei Twitter kann ich diese Chance (übrigens auch von beiden Seiten) nutzen. Selbst bei den Business Networks und Recruitingfavoriten in der Praxis XING oder LinkedIn baue ich eher den Kontakt auf, um dann meine Unterlagen per Mail zu senden oder als Unternehmen die Kandidaten zu bitten entsprechende Unterlagen online auf der Karrierewebsite “upzuloaden”.

Und wie rekrutiere ich eigentlich bei Google? Genauso wie bei der FAZ, in der Süddeutschen oder in den VDInachrichten? Wie kann ich diesen Recruitingkanal Google eigentlich so richtig einschätzen. Nicht, dass wir uns jetzt falsch verstehen. Gerade Google ist einer der interessantesten Jobkanäle der Gegenwart. Doch über Suchmaschinenoptimierung (SEO) und Suchmaschinenmarketing (SEM) kann ich eine Anzeige “hochbringen” und somit damit möglichst mehr “Leser der Anzeige” gewinnen. Die Kanäle greifen so stark ineinander über, dass eine solche Trennung manchmal schwierig bis unmöglich ist. Schauen Sie doch einmal, wer häufig die besten Suchtreffer bei den Jobsuchen bei Google erzeugt. … Und?

Es sind genau die, die häufig als erste Bezugsquelle (noch) genannt werden.

Bewerber und Einstellungsherkunft

 

Einstellungs- und Bewerberherkunft

Im Fazit heißt es daher: “Die meisten Bewerbungen erhalten die Unternehmen über Online-Jobbörsen. Die eigene Karriereseite folgt auf dem 2. Platz. Eigene Mitarbeiter und Personalberatungen kommen auf die Plätze 3 und 4. Dieselbe Reihenfolge ergibt sich auch bei den Einstellungen. Und wieder einen Blick auf den Hype beim Social Media Recruiting! Kamen in der letzten Studie über diesen Weg nur 7-8 % der Bewerbungen bzw. Einstellungen zustande, sind es diesmal 15 %, wenn man Business Netzwerke und Soziale Netzwerke zusammenzählt. Dies entspräche einer Verdoppelung und reicht für Platz 5!”

Gut, es macht Sinn die einzelnen Kanäle miteinander zu vergleichen und zu bewerten. Doch lassen Sie uns diese Zahlen nicht als reines Dogma stehen lassen. All diese Quellen hängen stark miteinander zusammen. Selbst eine sehr gute Personalberatung kann heute schon viele Kandidaten letztendlich ohne eine überzeugende Karrierewebseite nicht mehr für ein Unternehmen gewinnen. Ja, dieser Vergleich ist schon weit her geholt. Doch ein wenig ist hier auf jeden Fall dran.

Betrachten Sie stärker das Ganze als eine überlappende, interdisziplinäre Aufgabe, als nur einzelne Kanäle in ein Ranking zu stecken. Sie würden ja auch nicht bei einem Mannschaftszeitfahren die Ergebnisse der einzelnen Fahrer zu kritisch miteinander betrachten. Nur die Tempo kostenden und ggf. schon abgehängten Fahrer (Kanäle) sollten sie genauer analysieren und dann entscheiden wie sie damit verfahren wollen.

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  1. […] ein interessanter Artikel dazu im Manager Magazin, und auch Lutz fragt sich ob Social Recruiting eher frommer Wunsch, oder vielmehr schon Wirklichkeit ist, und entdeckt […]



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