Warum Social Media auch Chefsache ist

Viele Unternehmen merken mittlerweile, dass sie um Social Media nicht mehr herumkommen, schätzen deren Bedeutung aber nach wie vor völlig falsch ein. Man hört es immer wieder. Praktikanten werden an einen Rechner gesetzt und sollen auf dem Unternehmensaccount twittern, posten oder bloggen. Immerhin gehören sie ja zur allseits bekannten „Generation Y“ und haben das sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen. Die Chefs haben für sowas keine Zeit, kennen sich damit nicht wirklich aus und überhaupt ist dieser „neumodische Kram“ doch eher was für die jungen Leute. Also müssen die Praktikanten ran.

Es käme einem tüchtigen Geschäftsmann wohl kaum in den Sinn, einen Studenten, der gerade mal ein paar Tage oder Wochen im Unternehmen sitzt, zum Pressesprecher zu ernennen. Viel zu groß wäre die Angst, er könnte dem Unternehmensimage mit einer Aussage schaden, weil er einfach noch nicht tief genug in die Unternehmensphilosophie eingearbeitet ist. Was also bringt Unternehmen dazu, eben diese jungen Menschen verantwortlich für ein Werkzeug zu machen, mit dem sie mit einem einzigen Post, Tweet oder Artikel unter Umständen gleich mehrere Millionen Menschen erreichen können?

Bitte nicht falsch verstehen, manchmal ist es genau richtig, neue Mitarbeiter, Praktikanten oder gerade auch Azubis in den Social Media Kanälen eines Unternehmens zu Wort kommen zu lassen. Dann aber bitte gut vorbereitet und mit einem kompetenten Ansprechpartner an der Seite. Das Ganze einfach an die „unteren Hierarchieebenen“ abzugeben, weil man als Vorgesetzter keine Zeit oder Lust dazu hat, ist etwas völlig anderes und der falsche Weg.

Ein weiteres Argument für viele Führungskräfte, sich nicht selbst in die sozialen Netzwerke zu begeben, ist der angebliche Autoritätsverlust. Viele befürchten, dass sie nicht mehr ernst genommen werden, wenn sie ihre Meinung und Erlebnisse per Social Media veröffentlichen. Das sei doch irgendwie Kinderkram oder Spielerei. Ganz zu schweigen von den Risiken, wenn die Kommunikation vielleicht einmal nicht so läuft, wie gewünscht. Wer so argumentiert, hat das Prinzip Social Media allerdings noch immer nicht verstanden. Facebook, Twitter und Co. sind mittlerweile durchaus ernstzunehmende Informationskanäle und auch kritische Kommentare können sehr hilfreich sein.

Ein bemerkenswertes Gegenbeispiel zu den Social Media Skeptikern habe ich in der April Ausgabe des „Harvard Business manager“ gefunden: Brian Dunn, CEO der amerikanischen Elektronikhandelskette Best Buy. Bereits vor etwa vier Jahren, als Social Media noch lange nicht in aller Munde war, begann er, sich persönlich für Soziale Netze zu interessieren. Damals noch rein privat. Bis heute ist er dort sehr aktiv, bloggt und twittert Privates ebenso wie Berufliches und ist trotz einiger Rückschläge noch immer begeister von den Möglichkeiten, die ihm Twitter und Co. bieten.

Eine negative Erfahrung mit Social Media hat er gemacht, als ein Hacker seinen Twitter Account missbrauchte, um für Potenzpillen zu werben. Das war natürlich sehr peinlich und ärgerlich, hielt Dunn aber nicht davon ab, diesen Kanal auch weiterhin zu nutzen. Er ist der Meinung, dass das ja gerade der springende Punkt sei: „Social Media ist nichts, was ein Manager nur einmal kurz ausprobieren sollte. Es geht nicht, dass Sie es nur dann einsetzen, wenn die Dinge gut laufen. Sie müssen sowohl mit Regen als auch mit Sonne klarkommen. Und ich bin überzeugt, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen“, so Dunn. Als Reaktion auf den Hacker-Angriff passte Dunn seine Sicherheitsvorkehrungen an, indem er nun ein kryptisches Passwort benutzt und dieses ständig ändert. Außerdem informierte er sein Umfeld über den Angriff.

Dabei muss bzw. sollte es nicht immer nur geschäftlich und ernst zugehen. Zwar machen Tweets wie „Esse gerade ein Sandwich“ nun wirklich keinen Sinn und sind sogar eher kontraproduktiv. Interessante, manchmal auch persönliche Botschaften machen aber durchaus Sinn. Das gilt übrigens ebenso für Facebook oder Blogs. Wie Dunn es formuliert: „Mir gefällt auch, dass es manchmal um Banales geht. Schließlich ist nicht alles, was ich tue, tiefschürfend oder weltbewegend. Ich interessiere mich für Baseball oder Basketball und für meine Kinder. Mir gefällt, dass wir durch Aussagen zu diesen Themen alle etwas menschlicher werden.“ Und genau darum geht es doch! Eine Arbeitgebermarke besteht eben nicht nur aus dem Image, das sich ein Unternehmen aussucht und mithilfe von Slogans, Bilderwelten etc. nach außen darstellen möchte. Ein charmanter Vorgesetzter, der dem Unternehmen auch mit persönlichen Einblicken und Ansichten ein Gesicht gibt, ist oft mehr wert, als eine ganze Kampagne. Sie müssen sich nur trauen!

Beispiele wie das von Brian Dunn gibt es leider bisher nur sehr wenige. Es ist aber zu hoffen, dass sich das bald ändern wird. Wer noch welche kennt, immer her damit! 🙂

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