Zielscheibe Social Media

Letzten Donnerstag herrschte helle Aufregung in der Social Media-Welt. Twitter, Facebook, Youtube und der Blog-Dienst Livejournal waren zeitgleich für Stunden nicht erreichbar. Der Grund: Eine Denial-of-Service-Attacke.

Für mich regt dieser Angriff in mehrerlei Hinsicht zum Nachdenken an. Erstens, und das ist das wirklich neue an diesem Angriff: Er galt in diesem Fall nicht einem Dienst, einer Plattform, einem Unternehmen, sondern den Profilen eines einzelnen Users. So wurde der georgische Blogger Cyxymud, der jeweils Profile bei den betroffenen Netzwerken unterhält, gezielt angegriffen. Für Experten und insbesondere den betroffenen Blogger selbst war schnell klar, dass es sich hierbei um einen politisch motivierten Angriff handelt. Der Georgier beschäftigt sich aktiv mit dem russisch-georgeischen Konflikt und nimmt dabei eindeutig ein pro-georgische Haltung ein, die er in den Netzwerken vertritt. Hinter der DoS-Attacke werden russische Nationalisten vermutet, die über sogenannte Botnetze geführt wurden. Da mir das technische Verständnis fehlt, zitiere ich hier gerne Spiegel Online zum technischen Hintergrund:

„Botnetze sind illegale Infrastrukturen, die man regelrecht mieten kann. Sie bestehen aus Rechnern, die von Trojanern befallen sind und regelrecht ferngesteuert werden. Bei einer DDoS-Attacke richten Massen solcher Rechner unsinnige, massenhafte Seitenaufrufe gegen eine spezifische Adresse, bis deren Serverkapazitäten ausgeschöpft sind: Es kommt zum Vollstau, wie Twitter Ende letzter Woche erleben musste.“

Der zweite, zugegebenermaßen etwas profanere Punkt, der mir im Zusammenhang mit diesem Vorfall aufgefallen ist: Die Abhängigkeit vieler User vom Internet im Allgemeinen und von Sozialen Netzwerken im Speziellen. Was tun mit dem unwillkürlichen Impuls „Das muss ich Twittern“, wenn genau das Medium des Vertrauens „down“ ist? Glücklich, wer in diesen schweren Stunden einen eigenen  Blog zur Hand hatte. So fragte Florian Meyer auf seinem Scherzinfarkt Blog „Und wo soll ich diesen #fail nun twittern?“ Es zeigt sich also bereits eine gewisse Abhängigkeit von den neuen Medien. Rien ne va plus. Nichts geht mehr ohne Social Media!

Im privaten mag dies ärgerlich sein, für die Nutzung der neuen Medien seitens der Unternehmen hätten derartige Angriffe wohl gravierendere Auswirkungen. Und das führt mich zu meiner dritten Überlegung: Sind Unternehmen vorbereitet auf Angriffe auf Ihren Online-Marketing-Auftritt?

Angriffe auf Institutionen oder Unternehmen hat es in der Vergangenheit bereits oft gegeben. Jedoch in anderer Dimension. Denn mit steigender Anzahl zur Verfügung stehender Kommunikationsinstrumente und -Plattformen, wird auch die Angriffsfläche größer. Ziel eines zeitgemäßen Personalmarketings heute sollte aber gerade die Nutzung neuer Medien sein (wenn auch nicht für alle Unternehmen bzw. nicht jede Bewerberzielgruppe). Durch die Ansprache und Kommunikation mit der Zielgruppe über Soziale Netzwerke und Plattformen wie Twitter, Youtube, Blogs oder Facebook erhöht sich die Relevanz für Angriffe. Während nur wenige Nutzer einen Angriff auf die Website eines Unternehmens zur Kenntnis nehmen würden, sind Social Media-Marketing-Maßnahmen für Angriffe wirkungsvoller. Denn es werden auch die Plattformen selbst lahm gelegt. Und darauf wird eine große Userzahl aufmerksam. So bekommen die Angriffe, seien sie politische oder wirtschaftlich motiviert einen Raum. Denn die User wollen wissen, warum ihre Netzwerke down sind. Thomas Knüwer hat dies im Handelsblatt Weblog treffend dargesellt:

„Und dann beginnt die Diskussion: Facebook unten? Warum? Angriff auf Nestlé? Wegen Babynahrung in der Dritten Welt? Angriff auf das Twitterkonto von Dow Chemical? Weil der Chemiekonzern nicht die Verantwortung für die Katastrophe von Bhopal übernimmt? „

Darauf sollten die Unternehmen vorbereitet sein. Denn nicht immer muss der Grundsatz, gelten, dass auch schlechte PR gute PR ist.

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