Googeln oder nicht googeln?

Wie intensiv suchen Personaler eigentlich wirklich nach Informationen über Bewerber im Internet? Gibt es den berühmten „googelnden Personaler“ oder ist der doch nur ein Mythos? Seit private und berufliche Informationen über Social Media verbreitet werden und somit auch von anderen gefunden werden können, beschäftigt uns diese Frage. Aktuell gab z.B. mein Chef,  Lutz Altmann der Welt ein Interview, in dem er darauf hinwies, dass Unternehmen seiner Erfahrung nach keine Bewerberprofile durchleuchten. Auch der Recrutainment Blog relativierte den Mythos „googelnder Personaler“ in einem Beitrag zu einer aktuellen Studie, die von der Uni Erfurt in Zusammenarbeit mit Monster veröffentlicht wurde. Die Studie “Der Einfluss sozialer Netzwerkseiten auf den Bewerbungs- und Rekrutierungsprozess” kommt zu einigen interessanten, teils auch irritierenden Ergebnissen. Manche davon wurden in bereits erwähntem Recrutainment-Artikel besprochen, einige möchte ich aber auch hier noch einmal genauer beleuchten.

Zunächst einmal unterscheidet die Studie Personaler in „Regelmäßig Googelnde“, „Gelegenheits-Googelnde“ und „Google-Gegner“, wobei „googeln“ als die allgemeine Suche im Internet verstanden wird, bei der Google nur der häufigste Ausgangspunkt der Suche  sei. Die Gruppe der „regelmäßig Googelnden“ stellte die kleinste dar und besteht hauptsächlich aus Personalverantwortlichen in kleinen Unternehmen, denen es besonders wichtig ist, dass sich ein neuer Mitarbeiter menschlich gut in das Team einfügt. „Google Gegner“ lehnen das Nachschlagen von Kandidaten meist aus moralischen Gründen ab. Sie möchten deren Privatsphäre nicht verletzen und erachten die Ergebnisse solcher Informationen im Hinblick auf eine Kosten-Nutzen-Analyse außerdem als „wertlos“.

Hier ist auch die Feststellung interessant, dass es auf Personalerseite mehr Bedenken gibt, die Privatsphäre von Bewerbern durch das Nachschlagen in sozialen Netzwerken zu verletzen, als auf Bewerberseite. Dabei liegt die Hemmschwelle höher, je weniger die Personaler selbst diese Netzwerke benutzen. Bewerber sehen die Verantwortung zum Schutz der eigenen Daten zum größten Teil bei sich selbst. Sie rechnen damit, dass Personaler sie „googeln“ und finden das auch in Ordnung.

Weiterhin stellt die Studie fest, dass es im Bewerbungsprozess ein Informationsgefälle zu Gunsten des Bewerbers gibt. Soziale Netzwerke könnten zwar helfen, dieses Gefälle anzugleichen, allerdings bestünde nach wie vor ein Vorteil auf Seiten des Bewerbers. Hier stellt sich die Frage, ob Bewerber durch die Suche im Internet tatsächlich ein authentischeres Bild vom Arbeitgeber gewinnen können als umgekehrt. Denn auch ein Unternehmen steuert zu einem großen Teil selbst, welche Informationen es wie weitergibt. Durch Privatsphäre-Einstellungen können Bewerber ihrerseits weitgehend festlegen, welche Informationen für den Personaler zugänglich sind. Der Wahrheitsgehalt und die Aktualität der gefundenen Informationen sind dabei von beiden Seiten kritisch zu betrachten.

Quelle: www.helping-headhunters.de

Als Motivation für einen Personaler, Informationen über einen Bewerber im Internet zu suchen, kristallisieren sich vor allem zwei Punkte heraus: Neugier und ein „komisches Bauchgefühl“. Wenn z.B. ein interessanter Kandidat seiner Bewerbung kein Foto beigelegt hat und man dennoch gerne eine bildliche Vorstellung von der Person hätte, kann ein Blick in die sozialen Netze helfen. Das wirft andererseits die Frage auf, wo eigentlich der Sinn einer „anonymisierten Bewerbung“ liegt, aber das ist ein anderes Thema… Hier wird dann aber eben nicht nach den berühmt berüchtigten „Partybildern“ gesucht, sondern nur nach einem Gesicht, das man den schriftlichen Angaben zuordnen kann. Ist diese Neugier befriedigt, verlässt der Personaler in der Regel das Profil wieder, ein weiteres Herumstöbern würde als Verletzen der Privatsphäre und außerdem als irrelevant empfunden. Den zweiten Punkt, das „komischen Bauchgefühl“, kennt sicher jeder, der sich schon einmal mit Bewerbungen befasst hat. Einige Angaben wollen nicht so recht zusammenpassen oder erscheinen merkwürdig. Ist dies der Fall, kann z.B. bei Xing nachgeprüft werden, ob die Informationen übereinstimmen, oder ob der Bewerber dort vielleicht andere Angaben gemacht hat. Im Grunde gab es das aber auch schon vor Social Media. Zu der Zeit hat man dann eben z.B. bei dem ehemaligen Arbeitgeber angerufen, um die Angaben zu überprüfen. Eine weitergehende Suche findet, wenn überhaupt, erst dann statt, wenn der Kreis der Bewerber sich erheblich verkleinert hat, also der Bewerbungsprozess entsprechend weit fortgeschritten ist oder z.B. für eine Führungsposition bereits von Anfang an relativ klein war.

Eine Angabe in der Studie fand ich persönlich besonders irritierend. Dort heißt es, dass Unternehmensauftritte zum Personalmarketing in sozialen Netzwerkseiten praktisch keine Rolle im Bewerbungsprozess spielten. Firmenpräsenzen auf Facebook oder StudiVZ seien zwar bekannt, als Möglichkeit im Bewerbungsprozess aber nicht genannt worden. Sieht man sich allerdings einige Karriereauftritte auf Facebook an, z.B. von der Deutschen Flugsicherung (DFS), stellt man fest, dass dort viele Fragen gestellt werden, die direkt mit einer Bewerbung bei dem Unternehmen zusammenhängen. Es gibt also offensichtlich durchaus Bewerber, die im Bewerbungsprozess die Möglichkeiten des direkten Dialogs mit Unternehmen über Facebook gerne nutzen. Natürlich ist dies auch immer stark von Branche, Zielgruppe und dem Unternehmen selbst abhängig, aber die Möglichkeiten und der Nutzen sozialer Netzwerke vor und auch während des Bewerbungsprozesses sollten nicht unterschätzt werden.

Es gibt ihn also, den „googelnden Personaler“, allerdings mit zahlreichen „Wenn und Abers“.

(Eine Zusammenfassung der Studie ist online verfügbar, die gesamte Studie kann  bei Monster Worldwide Deutschland unter studien@monster.de angefordert werden.)



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