Personalmarketing und Social Media: Gezeitenwechsel 2010/11
Ergänzend zu den Artikeln von Wolfgang Brickwedde und mir nimmt uns heute Prof. Martin Grothe, seines Zeichens Geschäftsführer der complexium GmbH, mit in einen Gezeitenwechsel im Personalmarketing.
Bemerkenswert zeitgleich mit diesem unbemerkten Dekadenwechsel findet ein Gezeitenwechsel im deutschen Personalmarketing-Lager statt.
Zum einen hat sich mittlerweile bei Vielen eine gute Kenntnis der oftmals wiederkehrenden Cases und Aushängeschilder eingestellt. Es wird kniffliger, die Variationen in den Standardgeschichten zu erkennen.
Zum anderen gibt es nun ein Buch: „Social Media Im Personalmarketing“. Ich will hier aber keine direkte Werbung machen: Allerdings haben Gero Hesse, Steffen Laick und Bernd Schmitz mit dieser Leistung (!) tatsächlich einen Markstein geschaffen, der die erste Entdeckungsphase des Social Webs – pünktlich zum Weihnachtsfest – beendet.
So war es bis dato völlig opportun, hier und da einiges auszuprobieren, erste Erfahrungen zu sammeln, sich über gleichgesinnte Follower zu freuen. Über den Privatgebrauch hinaus haben sich nicht wenige Unternehmen dergestalt dem Social Web genähert.
Nun ist das Social Web natürlich immer noch eine „neue Welt“, aber es reicht nicht mehr, ein Schiff zu beladen und gen Westen zu segeln, um sein Glück zu suchen. Mittlerweile gibt es Navigationskarten. Unternehmen müssen – nach der ersten Entdeckungsphase – anders vorgehen, gerade weil sie sich insgesamt bewegen müssen. So liegen die größten Herausforderungen weniger darin, eigene Plattformen zu entwerfen, sondern als Unternehmen auf den Tummelplätzen der Zielgruppen „Gast“ zu werden und die notwendige interne Dialogfähigkeit zu entwickeln. Es ist eine herausgehobene Aufgabe von HR, eine hierzu fähige „Enterprise 2.0“ zu gestalten.
Die gesamte Organisation muss auf das digitale Neuland reagieren. So liegen aktuell und sicher erst recht 2011 die zentralen Issues für Personalmarketing intern: Das Zusammenraufen mit Marketing und die Gewinnung der Top-Entscheider. Online ist dagegen fast easy. Aber die eigenen Kollegen werden sich klaren Vorschlägen nicht verschließen (und wenn doch, dann ist nicht Social Media das Problem).
Ein zentraler Vorschlag sollte das Vorgehenskonzept betreffen. Wenn ich einige eigene Projektbeispiele 2010 zusammensammle und sortiere, dann kann ich diesen Umsetzungspfad für Unternehmen in fünf Schritte fassen:
Zu Beginn steht die Identifikation der „Tummelplätze“ und Themen einer Zielgruppe (#1: Explore), beispielsweise junge Menschen mit „Unternehmertum“ in sich oder angehende Auszubildende, Ingenieure oder BWLer. Dies leistet eine Social Media Analyse. Damit lässt sich herausarbeiten (#2: Elaborate), wo, wie und durch wen die Aufmerksamkeit auf das eigene Unternehmen gelenkt werden kann, das beispielsweise großartige Karrieregestaltungsmöglichkeiten bietet, ein toller Ausbilder ist, als Zulieferer viele Hersteller in den Schatten stellt oder als großer Prüfer Vorteile gegenüber Top-Consultants hat.
Hierzu sind authentische Bilder und Protagonisten unumgänglich. Mit „Digitalen Betriebsausflügen“ (auch für Entscheider!) lässt sich eine solche Verzahnung gut anschieben (#3: Enable). Erst dann gilt es, eigene Infrastrukturen entsprechend zu etablieren (#4: Establish). Dieses Feld ist bisher der inhaltliche Schwerpunkt der meisten Personalmarketing-Blogs, hier lassen sich wertvolle Hinweise finden.
Mit der einsetzenden Kommunikation mit und zwischen internen und externen Netzwerken (#5: Enter) wächst Personalmarketing in eine neue Rolle: Es gilt, Dialoge zu „kultivieren“. Unterstützend haben wir für erste Unternehmen regelmäßige Social Media-PM-Reports, teilweise Weeklys, aufgesetzt, die zeigen, was die Zielgruppe mit dem entsprechenden Arbeitgeber verbindet und wo dies wie weiter verbessert werden kann.
Ich denke, dass dieses 5e-Leitmodell auch 2011 hilfreich sein wird, durch die Aufbau- und Entwicklungsphase zu navigieren!
PS: Da war noch etwas: Der prägende Personalmarketing-Begriff 2010 war sicherlich die von Robindro Ullah geprägte „Suppe“. Ich bin sehr gespannt, ob und wie die so titulierte Szene der Personalmarketing-Blogger die doch deutliche Ausweitung des Aktionsraumes aufnimmt. Als Stimulus könnte ein Buch dienen 😉